Quantcast
Channel: Spiegelkabinett
Viewing all articles
Browse latest Browse all 261

Ekelhaft: "Focus" feiert irakischen Scharfschützen

$
0
0
 Es ist wie ein Déjà-vu. Immer, wenn man glaubt, tiefer könne der deutsche Mainstream-Journalismus nicht sinken, dann legen die Herrschaften aus den wohl temperierten Redaktionsstuben noch einmal zu.

Den letzten Vogel in der Kategorie ekelhafte Kriegshetze und Gewaltverherrlichung hat in der letzten Woche "Focus online" abgeschossen. Unter der Überschrift:
"Rentner am Scharfschützengewehr: Dieser Opa tötete 173 IS-Milizionäre"
zeigt das Blatt ein Video, das die Redakteure aus dem Netz gefischt haben. Darin stellt sich der 62-jährige Abu Thaseen als Scharfschütze im Dienste der schiitischen "Popular Mobilization Unit (PMU)" vor:
"die den Irak im Kampf gegen den IS verteidigt".
Scheinbar eine jener Organisationen, die, würde sie im Nachbarland Syrien kämpfen, zur Partei der gemässigten Opposition gezählt und vom Westen mit Waffen, Munition und Geld unterstützt würde. Zwar, so muss der Focues in einem Nebensatz einräumen, werden der Organisation:
"auch Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen",
aber wie heisst doch ein bekannter Merksatz US-amerikanischer Aussenpolitik:
"Er ist zwar ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund!"
Alles also nicht so schlimm.

 Abu Thaseen hat besondere Fähigkeiten, die vom Focus eingehend bejubelt werden, nicht nur in dem bereitgestellten Video, sondern auch noch einmal in wörtlicher Abschrift als Merksätze für die faulen, kriegsunlustigen Deutschen, oder wie es unser Bundespräsident Gauck einmal so eindrucksvoll beschrieb:
"Ich muss wohl sehen, dass es bei uns – neben aufrichtigen Pazifisten – jene gibt, die Deutschlands historische Schuld benutzen, um dahinter Weltabgewandtheit oder Bequemlichkeit zu verstecken."
 Abu Thaseen legt sich gern in den Hinterhalt und schiesst mithilfe eines Zielfernglases Menschen aus grosser Entfrenung tot. 173 mal ist dem Killer das schon seit Mai 2015 gelungen berichtet solz der Focus. 173 Menschenleben hinterrücks ausgelöscht ohne auch nur die Möglichkeit einer Gegenwehr.

 Aber halt - Menschenleben? 173 IS-Kämpfer hat der Mann vom Leben zum Tode befördert. - 173 mögliche Terroristen. Da kann, da muss man schon 'mal jubeln dürfen. Der Focus bedient die niedersten Gefühle der Menschen, die der Rache und Vergeltung. Endlich einer, der es den Mördern und Attentätern des IS mit gleicher Münze heimzahlt. Er begibt sich dabei allerdings mit den Mördern des IS auf eine Stufe. Auge um Auge, Zahn um Zahn, eine Handlungsweise, die unserem Moralverständnis frontal entgegensteht.

 Aber man muss sehen, die Zeiten sind kriegerisch und die Presse befindet sich nun einmal auf dem Höhepunkt der Zeit. Da werden dann schon mal Auszeichnungen in alter Ritterkreuzmanier verteilt. So wie an Sepp Allerberger, von dem der Focus bereits im Jahr 2014 zu berichten wusste. Der Österreicher in Diensten der Deutschen Wehrmacht erhielt 1945 das Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz. Allersberger, so der Focus, hatte am Ende des Zweiten Weltkrieges 257 Menschen aus dem Hinterhalt erschossen. Da bleibt unserm Abu Thaseen noch ein wenig zu tun.

 Allerdings, so freut sich der Focus, ist damit zu rechnen:
"dass sich die Zahl der IS-Kämpfer, die Thaseen getötet hat, aktuell schon weit über 173 befindet",
da der Rentner:
"laut eigenen Aussagen drei oder vier IS-Kämpfer täglich",
tötet und:
"Das Video wurde (bereits) im Dezember 2015 aufgenommen".
 Dem Umstand verdankend, dass  Abu Thaseen sich noch nicht am Ende seiner Karriere sieht, könnte es dem Focus vielleicht auch noch eines Tages vergönnt werden, das blutige Handwerk des "Rentners" etwas genauer, eindrucksvoller zu schildern. So wie er es im Jahr 2014 mit dem ersten tödlichen Schuss Allenbergers tat:
"Doch als er im Schützengraben Position bezieht, kann er im Niemandsland keinen feindlichen Scharfschützen entdecken. Allerberger bedient sich eines Tricks. Er lässt einen Soldatenhelm über den Rand des Grabens wandern, ein Lockvogel für den russischen Sniper. Binnen Sekunden feuert der Scharfschütze auf den Helm, der kurze Lichtblitz seiner Waffe verrät Allerberger die Position.
Der Russe liegt etwa 90 Meter entfernt. …Allerberger drückt ab. Er trifft den Gegner genau zwischen die Augen."
Allerdings scheint es auch damals, zur Zeit des "Totalen Krieges", Spielverderbergegeben gegeben zu haben, die mit dem feigen Töten aus dem Hinterhalt nicht viel anfangen konnten:
"Viele junge Offiziere hätten ihn als "widerlichen Killer" betrachtet, und verweigerten ihm die Bestätigung für Tötungen, wenn er sie für seine Buchführung brauchte,"
bemäkelt der Focus.

 Bereits im August 2013 bedauerte "Die Welt" schon die fehlende Anerkennung, die den deutschen Scharfschützen, die im Auftrag des Hitler-Regimes Menschen aus dem Hinterhalt erschossen, entgegengebracht wurde:
"Auf deutscher Seite standen die Präzisionsschützen dagegen lange Zeit nicht im Fokus der Aufmerksamkeit".
 Erst sehr spät konnten sich die Nazis zu einer Würdigung der eigenen Scharfschützen durchringen. Für die Redakteure des Focus, falls sie denn beabsichtigen, Abu Thaseen, eine Medaille zu verleihen, beschreibt "Die Welt" die Naziauszeichnung so präzise, dass diese sie problemlos neu erschaffen könnten:
"Am 20. August 1944 stiftete Hitler ein spezielles Scharfschützenabzeichen, einen Adlerkopf auf einem Stoffschild, mit grüner Bordüre für mindestens 20 Treffer, silberner Schnur für wenigstens 40 und goldener Einfassung für mehr als 60 tödliche Schüsse."
 Nur beeilen müssten sich die Focus-Redakteure mit ihrer Auszeichnung. Voller Ehrfurcht zitiert das Blatt den Mann der Tat:
"Wenn ich von der Front abgezogen werde, kann ich es nicht erwarten zurückzukommen".

Viewing all articles
Browse latest Browse all 261