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Die skurrilen Ansichten des Spiegelkolumnisten Jan Fleischhauer

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  Man mag es nicht wirklich glauben: Jan Fleischhauer, sie wissen schon, der Mann vom Spiegel, der Autor vom "Schwarzen Kanal", der einer Selbstaussage zu folge, aus Versehen ein Konservativer wurde, darf sich auf Spiegel online ungestraft rassistisch äussern. Nun mag der ein oder andere der Meinung sein, der "Schwarze Kanal" an sich sei ein einziger Irrtum. Ein Irrtum des Magazins "Der Spiegel", weil "Der Spiegel" doch eigentlich ein liberales, seriöses Wochenblatt sei. Und weil so rassistische Bezeichnungen und Verallgemeinerungen, wie "der Russe" oder "der Türke" in einem liberalen Blatt nichts zu suchen haben.

 Aber ist "Der Spiegel" deshalb ein rassistisches Blatt? Sicher nicht. Fleischhauer, ein in die Jahre gekommener Yuppie, einer der seit frühester Jugend danach trachtet, nur ja nicht durch Gedanken aufzufallen, die sich durch eine gewisse Nonkonformität auszeichnen, die gedacht wurden statt nachgeplappert zu sein, offenbart in jeder seiner Kolumnen aufs Neue, dass es ihm nur darum geht mitzuschwimmen in der grossen Masse. Ein Mann des Stammtisches. Nicht des dumpfen  bierseeligen Stammtisches, sondern eher der munteren Prossecco-Runde, einer Spezies, die der irrigen Ansicht ist, die ganze Welt sei nur zu ihrem Vergnügen geschaffen. Fleischhauer will gar nicht provozieren. Er will bestätigen. Er liefert den Mitläufern, den meinungslosen Kriegsgewinnlern endlich ihr: "Ich hab's ja immer schon gewusst".

 Er ist das Sprachrohr der schweigenden Mehrheit, vermutet in jedem Linken einen potenziellen Zerstörer deutscher Seeligkeit, die man auch Selbstzufriedenheit nennen kann. Dabei mahnt er, so wie es deutsche Konservative immer schon getan haben, vor der heimlichen, stillen Infiltration des gesunden Volksempfindens durch ihm im Grunde fremde Ideen und Gedankengänge. Dem Deutschen ist es nun einmal fremd, sich in die Situation seiner Partner oder meinetwegen auch Gegner hineinzuversetzen. Er kennt nur überirdisch gut und abgrundtief böse.

 Abgrundtief böse, das ist z. B. Sarah Wagenknecht von der Linkspartei, ein Feindbild, an dem sich Fleischhauer besonders gern abarbeitet. Wenn die linke Linke der Bundeskanzlerin rät, sich bei ihren in letzter Zeit recht häufigen Türkeibesuchen, ausser mit dem türkischen Präsidenten Erdogan auch mit Oppositionspolitikern zu treffen, so ist dieses Anlass genug für Fleischhauer, in seiner Kolummne einmal die politischen Verhältnisse zurecht zu rücken:
"Wenn es um die Verteidigung der Freiheit geht, darf man als Demokrat nicht zurückweichen. Nur, wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Sahra Wagenknecht in der ersten Reihe stehen würde."
Eine Sarah Wagenknecht in der ersten Reihe bei der Verteidigung der Freiheit? Ein für Fleischhauer schier unvorstellbares Bild.
"Man muss nur dort, wo der Name Erdogan steht, den Namen Putin einsetzen, um zu erkennen, dass Despot offenbar nicht gleich Despot ist",
beklagt Fleischhauer die fortgeschrittene Verwirrung des gesunden deutschen Volksempfindens.
"Wenn es um die Türkei geht, sind sich alle einig. Von links bis rechts reicht die Empörung über den unverschämten Herrscher am Bosporus. Wenn man eine Liste der größten Unsympathen erstellen müsste, stünde Recep Tayyip Erdogan ganz oben, noch vor Trump, Kim Jong Un und dem chinesischen KP-Chef, bei dem die Kanzlerin diese Woche zu Besuch ist."
 Fleischhauer versucht sich in Sarkasmus:
"Erst den deutschen Humor nicht verstehen, dann noch unsere Vergangenheitspolitik madig machen: Das ist schlimmer, als in die Ukraine einzumarschieren."
 Womit wir beim eigentlichen Feindbild sind: Dem ewigen Russen, eine Angst, die bei den Deutschen durch massive Propaganda seit den Tagen Adenauers, wahrscheinlich mittlerweile schon Eingang ins genetische Erbgut gefunden hat.

 Der Russe, so weiss Fleischhauer, stand schliesslich:
"schon einmal mit dem Panzer im Wohnzimmer",
dem Gral deutscher Heimelichkeit.

 Dass weder ein Einmarsch Russlands in die Ukraine stattgefunden hat, noch dass der Russe es sich mit seinem Panzer in der deutschen Wohnstube bequem gemacht hat, wenn schon, dann war es die Sowjetarmee, zu der auch die jetzt vom Russen besetzte Ukraine gehörte, und das auch erst ,nachdem deutsche Panzer aus der halben Sowjetunion einen einzigen grossen Friedhof gemacht hatten, sind für Fleischhauer zu vernachlässigende Feinheiten. Schliesslich schreibt er ja keinen Bericht, der auf Fakten beruhen sollte, sondern eine Kolummne, die eher einer Parabel gleicht, in der das ahnungslose deutsche Rotkäppchen vor dem bösen russischern Wolf gewarnt werden soll. Da darf man schon mal Fakten verdrehen, verschweigen und neue dazu erfinden.

 Denn um mahnend den Zeigefinger zu erheben, darin ist Fleischhauer sich einig mit nahezu der gesamten deutsche Presse, ist es allerhöchste Zeit:
"Wenn die Deutschen darüber abstimmen könnten, müsste man die Sanktionen gegen Moskau aufheben und sie stattdessen gegen Ankara verhängen."
  Dabei sitzt doch der Feind nicht am Bosporus, sondern eindeutig an der Moskwa:
"Erdogan hat keinen Teil eines fremden Landes annektiert, er führt auch nicht heimlich einen kalten Krieg gegen die Deutschen."
 Auch hier sollte der Leser nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es geht Fleischhauer um das Grundlegende. Wen kümmert's schon, dass Erdogan mit seinen Panzern bereits seit langer Zeit grosse Gebiete Syriens besetzt hat und dass er das kurdische Volk unterdrückt und abschlachtet? Im Angesicht der Botschaft, die Fleischhauer übermitteln will, vom bösen, aggressiven Iwan, und der Lehren die die Deutschen verinnerlichen sollen, ist Erdogan nichts weiter als ein dummer Clown, der schnell schon mal beleidigt reagiert:
"Er schwingt wilde Reden."
 Ein Phänomen:
"Anderseits ist Dünnhäutigkeit kein türkisches Problem, die Kränkungsbereitschaft verbindet Erdogan mit vielen mächtigen Männern",
 dass Fleischhauer geographisch verortet:
"Es gibt dabei auch eine regionale Komponente: Je weiter man nach Süden kommt, desto stärker kreist die Welt um Begriffe wie Ehre und Ansehen."
 Das beginnt schon beim bayrischen Operettenkönig Seehofer und und endet noch lange nicht bei den beleidigten Griechen und den italienischen und spanischen Supermachos an den Küsten des Mittelmeeres. Schliesslich weiss man ja, dass der Neger, ausser dass er gerne tanzt und wenig schafft, seine Unterlegenheit gegenüber dem weissen Mann von der Nordhalbkugel der Erde, gern beleidigt als Rassismus bezeichnet.

 Also alles nicht ganz ernst zu nehmen, Hunde die bellen, beissen nicht. Eine Sicht der Welt, die es schon vorherigen westlichen Regierungen leicht machte, mit Despoten und Massenmördern südlich des Mittelmeeres gedeihlich zusammenzuarbeiten. Beispielhaft sei hier der Machthaber der Republik Kongo, Mobutu Sese Seko genannt, der zum Beispiel mit oppositionellen Politikern gern ein Exempel statuierte. Wikipedia beruft sich auf die britische Journalistin und Schriftstellerin  Michela Wrong: In The Footsteps of Mr. Kurtz: Living on the Brink of Disaster in Mobutu's Congo:
"Mulele wurde öffentlich gefoltert, Augen und Genitalien herausgerissen und die Gliedmaßen eins ums andere amputiert, während er noch lebte. Sein Rumpf wurde in den Kongo-Fluss geworfen."
 "Der Spiegel" selbst berichtet in einem Artikel aus dem Jahr 2006 von weiteren afrikanischen Despoten. Da ist zum Beispiel:
"Kaiser Bokassa aus Zentralafrika, vormals französischer Elitesoldat, konnte sich auf seine guten alten Freunde verlassen, als er 1979 vom Thron gejagt wurde. Bis er 1986 leichtfertig seiner alten Heimat einen Besuch abstattete und dort prompt verhaftet wurde, lebte er unangefochten in Frankreich. …Bokassa war ein notorischer Totmacher. …Kurz nach seiner Machtübernahme ließ er hundert Schulkinder, die gegen die Einführung von Schuluniformen demonstriert hatten, totprügeln. Einige Gefangene soll er buchstäblich aufgefressen haben."
oder:
"Charles Taylor, der ehemalige Staatspräsident von Liberia, den seine Landsleute "Charles, den Schlächter" nennen. …Charles Taylor hat in fast industriellem Ausmaß gemordet. Er ist verantwortlich für Kriegsverbrechen, die in Westafrika Hunderttausende Opfer gefordert haben. Allein der liberianische Bürgerkrieg, in dem er den Impresario spielte, kostete 250.000 Menschen das Leben. Nach dem Ende des Krieges in Liberia schürte Taylor Aufstände in den Nachbarstaaten Guinea und Sierra Leone. Die "Small Boys Units", die von ihm Waffen im Austausch gegen Diamanten bekamen, waren berüchtigt dafür, dass sie ihren Gefangenen Hände und Füße abhackten."
oder der ugandische Massenmörder Idi Amin., über den "Der Spiegel" zu berichten weiss:
"Amin wurde wegen seiner kriminellen Vergangenheit nie ernsthaft molestiert. Dass er politische Gegner an Krokodile hatte verfüttern lassen oder sie gezwungen hatte, sich gegenseitig mit Schmiedehämmern die Schädel einzuschlagen, wurde gern vergessen. Schwamm drüber. Auch im Westen blieb er nicht als Massenmörder, sondern eher als leicht verblödeter Faxenmacher in Erinnerung."
 Aber auch heute noch pflegt die westliche Wertegemeinschaft beste Beziehungen zu Massenmördern. Die saudischen Herrscher, die gerade einen Völkermord im Jemen begehen, die die Dschihadisten in Syrien unterstützen, die Dieben die Hände abhacken und Frauen öffentlich steinigen lassen, werden mit Waffen und allen Luxusgütern, die westliche Industrien zu bieten haben für ihre barbarischen Taten belohnt. In Ruanda stützt der Westen den Diktator Paul Kagame. Ihm wird vorgeworfen, im benachbarten Kongo Aufstände zu unterstützen, um an die Rohstoffe des Landes zu kommen. Kagame, so behauptet der kenianische Ökonom James Shikwati, habe mittlerweile mehrere Millionen Menschenleben auf dem Gewissen.

 Aber alle diese Schlächter und Massenmörder sind natürlich nicht gemeint wenn Fleischhauer bedauernd feststellt:
"Normalerweise kann sich jeder einigermaßen einflussreiche Despot darauf verlassen, dass sich in Deutschland jemand findet, der ein gutes Wort für ihn einlegt."
Auch der Kurdenkiller Erdogan nicht:
"Der Türke hat keine Fürsprecher. Vergeblich wartet man auf die ehemaligen ARD-Korrespondentin, die erklärt, warum wir mehr Rücksicht auf die türkische Befindlichkeit nehmen sollten. Es gibt auch keinen brandenburgischen Ministerpräsidenten im Vorruhestand, der die Tiefen der türkische Seele auslotet und vor übereilten Reaktionen warnt, wenn die Erregung hochkocht."
Fleischhauers Blick ist streng nach Osten gerichtet. Dort wo der russische Bär bereits die Zähne fletscht, wo:
"sich der russische Präsident als "Sammler russischer Erde" feiern ließ."
  In seiner Verzweiflung und Empörung identifiziert er Putins fünfte Kolonne. Er braucht keine Namen zu nennen, ist doch jedem klar wen er meint, den Hort der alten Komintern, der ewig Gestrigen, "Die Linke".
"Die Russen verfügen sogar über eine ganze Partei im Bundestag, die ihre Sache in der Öffentlichkeit vorträgt."
  Allerdings so will es scheinen, reicht der Einfluss einer Acht-Prozent-Partei wohl nicht aus ein ganzes Volk in die Irre zu führen. Eine Erkenntnis, die auch Fleischhauer zu schwanen scheint, zieht er doch einen Freund,
"der sich auf Ressentiments versteht",
zu Rate. Dieser Freund, der Verdacht drängt sich auf, dass es sich dabei um das Alter Ego Fleischhauers handelt,
"hat mir eine Erklärung angeboten, warum die Deutschen auf Erdogan anders reagieren als auf Putin."
Fleischhauer schämt sich ein wenig:
"Sie ist nicht schön, aber möglicherweise wahr. Vor dem Russen habe man Respekt und auch ein bisschen Angst".
Darf der Deutsche Angst vor dem Slaven, dem Russen haben? Der Deutsche, der laut Otto von Bismarck nichts fürchtet, ausser Gott? Ja er darf. Schliesslich, so haben wir ja schon oben erfahren:
"....stand der schon einmal mit dem Panzer im Wohnzimmer." 
Und wenn wir gerade einmal so schön dabei sind beim Pauschalieren, was den Türken vom Russen unterscheidet, muss man, wenn auch unter grösstem Bedauern thematisieren, was den Russen und den Deutschen verbindet:
"Außerdem ist der Russe Christ und liebt den Wald, damit kann jeder Deutsche etwas anfangen."
Da kann der Türke nicht mithalten:
"Er evoziert* nie das Bild eines Panzers, sondern immer nur das eines Dönerspießes."

*Fleischhauer greift hier tief in die Trickkiste des oberlehrerhaften Bildungsbürgers. Um den Lesern das aufwendige suchen im Internet zu ersparen hier die Erklärung des Begriffs, vom unwissenden Autor auch erst auf der Seite des Duden gegoogelt: 
aufrühren, auslösen, bewirken, entfesseln, erregen, erwecken, erwirken, herbeiführen, hervorrufen, induzieren, schüren, sorgen, veranlassen, verbreiten, wecken, zeitigen.

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