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Drei Beiträge des ARD-Weltspiegels - dreimal Manipulation der Zuschauer

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Der Weltspiegel vom Sonntag, den 2. Oktober: Isabel Schayani führt durch die Sendung:
"In der vergangenen Woche wurden in Syrien 100 Kinder getötet. Quelle: UNICEF"
Das Motto der Sendung:
"Kinder interessieren uns heute. Zuerst die syrischen Kinder."
Schayani erklärt uns, dass die meisten syrischen Flüchtlinge nicht zu uns nach Europa kommen, sondern in Jordanien,
"gleich nebenan"
bleiben. Es folgt ein kurzer Diskurs: Jordanien grenze an Israel und an das palästinensische Westjordanland, an Syrien, Irak und an Saudi-Arabien - dass das Land zu 80 % aus Wüste bestehe, 9,5 Mio. Einwohner habe und gemessen an der Einwohnerzahl gebe es kaum ein anderes Land, dass so viele Flüchtlinge aufgenommen habe:
"Palästinenser, Iraker und vor allen Dingen Syrer suchen Schutz im Wüstenstaat. 40% der syrischen Flüchtlinge in Jordanien sind Kinder unter 12 Jahren"
Im nun folgenden Filmbeitrag hat der unsägliche Volker Schwenk das Wort. Die Sonne geht auf über dem Horizont und in einer Zeitraffersequenz des Weltspiegelbeitrages. Dazu die von Pathos getragene Stimme Schwenks:
"Noch wärmt die Sonne nicht."
Schwenk, scheinbar selbst ergriffen von dieser existentiellen Erkenntnis, macht eine bedeutungsschwangere Pause von drei Minuten, um uns anschliessend den Erklärbär zu geben:
"Am frühen Morgen ist es empfindlich kühl in Jordanien, der Winter naht. Der fünfte Winter in der Fremde für die meisten dieser syrischen Flüchtlinge."
 Eine Aussage die erstaunt, erinnert man sich an die Horrormeldungen des letzten Jahres über die enorme Flüchtlingswelle, die angeblich durch das Eingreifen Russlands in den Syrienkrieg ausgelöst worden sein sollte, an die Fassbombenkampagne und die Geschichte von dem sein Volk ermordenden Assad. Nun hören wir von Schwenk, dass die meisten Flüchtlinge sich schon im Jahre 2011 auf den Weg gemacht haben.

 Damals aber waren die sogenannten Rebellen, damals noch unter dem Sammelbegriff "Freie Syrische Armee" geführt, überall in Syrien auf dem Vormarsch. Sie hatten Städte wie Deraa, Homs und Hamah unter ihrer Kontrolle gebracht. Die syrische Armee befand sich fast im ganzen Land auf dem Rückzug. Sollten die Menschen etwa gar nicht vor den Regierungstruppen und dem "sein eigenes Volk vernichtendem Assad" auf der Fluchts ein, sondern eher vor der Ansammlung von Kopfabschneidern, Vergewaltigern und den aus aller Herren Ländern angeworbenen Söldnern, die sich "Freie Syrische Armee" nannten?

 Schwenk berichtet von Mohammed, einem 14-jährigen Flüchtlingsjungen, der für 1,25 € pro Stunde in den Gewächshäusern eines jordanischen Bauern schuften muss:
"Tomaten hochbinden, Gurken ernten, was eben so anfällt. Er macht das schon seit drei Jahren. Am Anfang musste er sogar Steine schleppen."
 Schwenk belässt es bei dieser Schilderung. Es fällt ihm überhaupt nicht ein, den Verantwortlichen, den jordanischen Bauern, für die Ausbeutung von Kindern in die Pflicht zu nehmen. Für ihn ist dass ganz normal - Flüchtlingsschicksal eben:
"Kinderarbeit ist normal unter syrischen Flüchtlingen. nicht nur in Jordanien. 'Zuerst war es schwer, aber dann habe ich mich daran gewöhnt ', sagt Mohammed."
 Schwenk könnte an dieser Stelle Informationen liefern. Er könnte über die Diskrepanz der Ausgaben für Rüstung im Vergleich zur Flüchtlingshilfe berichten. Er könnte darüber berichten, dass Jordanien eines der Hauptdurchgangsländer für Waffenlieferungen Saudi-Arabiens und Katars an die salafistischen und wahabistischen Terrororganisationen in Syrien ist. Er könnte berichten von den 3,3 Milliarden US-Dollar, die die USA nach offiziellen Angaben seit 2013 für einen Zeitraum von fünf Jahren an den "General Intelligence Directorate" den - jordanischen Geheimdienst - zahlen, während die Flüchtlingshilfe ihnen ganze 200 Mio US-Dollar wert war.

 Schwenk könnte davon berichten, dass die USA seit Jahren die unterschiedlichsten Söldnertruppen mit Geld, Training und vor allen Dingen mit Waffen unterstützen. Ans Tageslicht kam die Tatsache, dass die Waffen der Kopfabschneider nicht etwa, wie die Qualitätspresse uns seit Jahren weismachen will, in den syrischen Rebellengebieten an Bäumen wachsen, sondern von den USA, Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten gefliefert wurden, als Waffen aus eben diesen Lieferungen von Angehörigen des jordanischen Geheimdienstes auf eigene Rechnung verkauft wurden und zu einem Feuerüberfall eines jordanischen Polizeibeamten in Amman benutzt wurden, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen, darunter zwei US-Amerikaner.

 "Zeit-online" schreibt am 27. Juni :
"Mitarbeiter des jordanischen Geheimdienstes haben laut Medien systematisch Waffen gestohlen, die über das Land an syrische Rebellen geliefert werden sollen. …Unter anderem seien Kalaschnikows, Granaten und Panzerfäuste gestohlen worden. Die Waffen seien mehrere Millionen Dollar wert gewesen. Auf dem Schwarzmarkt würden die Waffen von jordanischen Stämmen, kriminellen Gruppen und Händlern gekauft, welche die Gewehre und Granaten außerhalb des Landes weiter vertreiben."
Das Blatt nimmt dabei Bezug auf einen Artikel der "New York Times":
"Weapons shipped into Jordan by the Central Intelligence Agency and Saudi Arabia intended for Syrian rebels have been systematically stolen by Jordanian intelligence operatives and sold to arms merchants on the black market, according to American and Jordanian officials."
 Und Schwenck könnte weiter die New York Times zitieren:
"Das Trainingsprogramm, das 2013 begann und unter dem Codenamen "Timber Sycamore" die Rebellen direkt bewaffnen sollte, läuft über die C.I.A. und mehrere arabischen Geheimdienste mit dem Ziel, die militärischen Kräfte gegen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad aufzubauen. Die USA und Saudi-Arabien sind die grössten Unterstützer, wobei die Saudis Waffen und grosse Summen Geld bereitstellen und der C.I.A. die Durchführung der Ausbildung der Paramilitärs im Gebrauch von Kalaschnikows, Mörsern, Lenkwaffen zur Panzerabwehr und anderen Waffen übernommen hat. Die Existenz des Programms wie auch alle Details und das Budget sind geheim."
 Aber Schwenk belässt es (zunächst) bei der reinen Schilderung. Wieder macht er eine bedeutungsschwere Pause, während der uns Bilder eine Schar spielender Kinder gezeigt werden.
"Millionen Syrer sind auf der Flucht, darunter viele Kinder."
 Wieder eine Pause, um seine Worte nachklingen zu lassen, während auf dem Bildschirm die Kinder scheinbar ausgelassen spielen. Bilder, die betroffen machen, die Schuldgefühle in uns wecken, die uns wütend machen sollen:
"Drei Geschichten wollen wir erzählen - drei Schicksale. Der Krieg hat die Kinder aus ihrer syrischen Heimat vertrieben und gezeichnet. Jetzt leben sie in der Fremde wie Mohammed, der nicht spielen oder lernen darf, sondern den ganzen Tag arbeiten muss."
 Schwencks zweite Geschichte ist die Omeimas. Eine Geschichte, die eigentlich gar nicht Omeimas Geschichte ist. Es ist die Geschichte von Mädchen, die im Alter von 14 - 15 Jahren von ihren Eltern verheiratet werden:
"Drei Geschichten, drei Schicksale. Wir sind in Zaatari, dem grossen Camp für 80.000 Flüchtlinge nahe der syrischen Grenze. Auch Omeima lebt hier. Omeima ist 15. Und damit längst eine potentielle Braut."
Omeima ist also selbst nicht betroffen. Warum Schwenck uns dann von der 15 jährigen Omeima erzählt wird eigentlich nicht so ganz klar. Augenscheinlich hat er keine Fakten, kein Material. Also erzählt er eine Geschichte aus zweiter Hand:
"Omeima klärt Gleichaltrige im Lager darüber auf, dass Mädchen mit 15 zur Schule gehen sollten, nicht heiraten. Die Schule unterstützt sie dabei und ihre Eltern. Omeimas Mutter sagt, in den ländlichen Regionen Syriens wurden Töchter schon immer früh verheiratet, auch mal mit 14 oder 15."
Viel zu früh, gegen ihren Willen verheiratete Mädchen. Für diese Kinder ein fürchterliches Schicksal. Aber augenscheinlich nichts aussergewöhnliches in einer archaischen Gesellschaft, in der Mädchen wenig gelten, in der sie, besonders in bitterarmen Familien auf dem Land, als überflüssige Esser gesehen werden. Warum zeigt uns Schwenk also die Geschichte von Omeima, die gar keine Geschichte ist? Omeimas Mutter gibt der Geschichte die erwünschte Wende:
"Aber seit so viele Syrer Flüchtlinge sind, habe das dramatisch zugenommen. Die Töchter sollen versorgt sein."
 Da braucht Schwenck seine Zuschauer nur noch mit zwei kurzen Sätzen direkt auf die Pointe stubsen:
"Der Krieg in Syrien hat Omeima die Heimat geraubt. Und die unbeschwerte Kindheit."
Wie bei einer grossen Oper hebt sich nun der Vorhang zum dritten, finalen Akt. Das grosse Finale furioso:
"Drei Kinder, drei Schicksale. 
Bassil, der zehnjährige aus Deraa, ist ein fröhlicher Junge. Er liebt Fußball in jeder Form."
 Ein Tischfussballspiel, die Figuren wirbeln herum, der Ball verfehlt nur knapp das Tor. Die Kamera schwenkt hoch auf einen Jungen, zeigt sein Gesicht, konzentriert schaut er auf sein Spiel. Er reisst triumphierend den rechten Arm hoch.


Schnitt. - Die Kamera zeigt uns Bassil, sitzend auf einer Bank wie er mit einem anderen Jungen das Kickerspiel bedient, die rechte Hand umfasst den Griff mit dem er die Figuren dreht, die linke Arm endet in einem Stumpf, die Hand fehlt.


 Schnitt. - Schwenck reicht das nicht. Bassil muss seine Pflicht erfüllen, er soll die Zuschauer schockieren. Die Kamera zoomt den Stumpf des linken Arms heran, füllt fast den gesamten Bildschirm


Schwenck reicht auch das noch nicht. Er will weiter schockieren, will seine Botschaft herüberbringen. Da kann er keine Rücksicht auf einen kleinen syrischen Jungen in Jordanien nehmen.
"Bassil fehlen eine Hand und beide Beine."
Schnitt. - Basil muss nochmal ran. Er muss auch die Stümpfe seiner Beine zeigen. Es geht um die Botschaft, die Message. Da darf man nicht zimperlich sein. Schwenck hat eine Idee: Man muss den Jungen, der doch Fussball so liebt, mit einem Ball zeigen. Die Absurdität eines Fussballfans ohne Füsse sichtbar machen - Bilder sprechen lassen.


Ein kleiner Junge ohne Beine, in einem Treppenhaus von oben gefilmt, was ihn kleiner, gebrechlicher erscheinen lässt. Den Ball, den er so gern mit dem Fuss kicken würde, wirft er mit der einzig verbliebenen Hand sinnlos die Treppe hinunter.

 Schwenck ist am Ziel. Einen Auftritt hat Bassil noch. Ihm bleibt es vorbehalten die Moral der Geschichte zu verkünden:
"Zu Syriens Machthaber Assad würde er gerne sagen: 'Hör auf damit. Die Menschen werden umgebracht, ganz Syrien wird zerstört. Es ist genug.'"
 Kinder als Opfer eines brutalen, verlogenen Krieges, in dem es angeblich um Menschenrechte geht. Aber auch als Opfer eines gewissenlosen, skrupellosen Propagandafeldzuges, der nur einen Zweck verfolgt: Wut und Hass zu erzeugen.

 Ganz anders im nächsten Beitrag des Weltspiegels von Sonntag, dem 2. Oktober: Hier wird davon abgesehen, Kinderelend zu dokumentieren, weil es nicht passt in das Schwarz-Weiss-Bild passt, das uns die ARD seit Jahren vermittelt: Hier die Guten, der gutmütige, eher ob seiner Gutmütigkeit tölpelhafte Westen und drüben auf der anderen Seite der dämonisch schlechte, nur dem Bösen und seinem eigenen Vorteil verbundene schäbige Rest der Welt.

 Berichtet wird von Janna Jihad, einer zehnjährigen Internetbloggerin aus dem Westjordanland. Auch hier herrscht täglich Gewalt. Eine Gewalt, die im Beitrag verniedlichend mit "Nahost-Konflikt" umschrieben wird. Davon, und wie sich das in ihrer kleinen Welt ausdrückt, berichtet Janna in ihren Videos, die sie auf Youtube veröffentlicht und die dort zigtausendfach angeklickt werden.

Schon die Anmoderation von Isabel Schayani lässt uns erahnen, dass die Sicht auf Täter und Opfer hier eine ganz andere sein wird:
"Auf der anderen Seite des Jordans wachsen palästinensiche Kinder mit Soldaten, mit Besatzung, mit Checkpoints und mit verdammt viel Hass auf. Susanne Glass hat dort die 10 jährige Janna Jihad besucht."
 Schayani kann es sich nicht verkneifen, bereits in ihrer Anmoderation mit dem Name der kleinen Janna die Zuschauer zu manipulieren, sie in eine vorgegebene Richtung zu drängen:
"Janna Jihads Namen klingt aber auch schon nach politischem Programm. Janna heisst nämlich Paradies und Jihad, heiliger Krieg. Wird da ein zehnjähriger Internetstar von Erwachsenen gesteuert?"
Der Unterschied wird deutlich: Dort ein Junge, dessen Unglück von einem deutschen Reporter schamlos ausgenutzt wird, der seine Rolle als Krüppel zu spielen hat, um mit dem an Assad gerichtetem Zuruf:
"Hör auf damit. Die Menschen werden umgebracht, ganz Syrien wird zerstört. Es ist genug", 
der westlichen Propaganda zu dienen. Dort die fast schon als Motto über dem eigentlichen Beitrag stehende Frage.
"Wird da ein zehnjähriger Internetstar von Erwachsenen gesteuert?"
 Auf der einen Seite die klare Zuordnung der Verantwortlichkeit, auf der anderen die Verharmlosung von Besatzung und Gewalt:
"Das israelische Militär steht mit einem Posten direkt vor Jannas Dorf. Nabi Salih in der Westbank."

Steht ein israelischer Posten - eine beispiellose Verharmlosung für das waffenstrotzende, furchteinflössende Symbol einer brutalen Besatzungsmacht.
"Hier spielt sich auf engem Raum der große Konflikt ab: Wem gehört das Land?"
Was für eine Frage? Im Sechstagekrieg 1967 von Israel erobert und seitdem rechtswidrig besetzt galt das Westjordanland, selbst vor der Annektierung durch Jordanien 1948, nach dem Teilungsplan des britischen Protektorats durch UN-Beschluss 1947 als Gebiet eines noch zu gründenden Palästinenserstaates. Ohne jeden Kommentar, ohne auch nur den winzigsten Hinweis auf die, das internationale Recht mit Füssen tretenden israelischen Besatzer, exekutiert die Sprecherin aus dem Off ihren Text:
"Am Hang gegenüber wächst seit 1977 die jüdische Siedlung "Halamish". Vor ein paar Jahren haben die Siedler die örtliche Quelle beschlagnahmt."
 Damit scheint die Frage, wem das Land gehört, für den Weltspiegel beantwortet. Und auch die Frage nach dem, was diese fortwährende Rechtlosigkeit, was die tägliche Gewalt, die mit dem kleinen Mädchen gemacht haben, stellt sich für die Macherin des Filmes nicht:
"Zusammenstöße mit dem israelischen Militär sind für Janna normal. So etwas, erlebt sie seit ihrem dritten Lebensjahr. Ihr Cousin und ihr Onkel wurden dabei erschossen."
 Normalität - wie für unsere Kinder das tägliche Spiel an der Playstation. Zusammenstöße nennt sie verniedlichend die Tatsache, wenn bestenfalls mit Steinen bewaffnete Palästinenser auf bis an die Zähne bewaffnete israelische Soldaten treffen, wenn auf demonstrierende Jugendliche scharf geschossen wird.
 

 Für die Autorin Susanne Glass aus dem ARD-Studio Tel Aviv ist eine andere Frage von viel entscheidender Brisanz:
"...die Nachfrage, ob sie ihre Internetfilme wirklich ganz alleine aus eigenem Antrieb mache?"
Zweifel sollen gesät werden bei den Zuschauern. Ein Kind benutzt, ausgenutzt von finsteren palästinensischen Terroristen. Wenn man schon nichts beweisen kann, dann sollen wenigstens Zweifel und Vermutungen geweckt werden. Das, was Volker Schwenck mit Penetranz fast 8 Minuten lang in der gleichen Sendung in voller Absicht und unter dem Beifall der ARD-Oberen regelrecht zelebriert, die Ausnutzung des Kinderelends im Syrienkrieg, um seine Botschaft an den Mann und an die Frau zu bringen, wird hier einfach mal als Vermutung geäussert und mit der gleichen Penetranz ständig wiederholt.

 Und mit der gleichen Penetranz werden Verbrechen der Besatzer klein geredet und die Verantwortung für die "Zusammenstöße" ausschliesslich der einen, der palästinensichen Seite zugeschrieben:
"Es sind vor allem solche Bilder, die Fragen aufwerfen: Kinder wie Janna, stehen bei den Demonstrationen in der ersten Reihe."

Während unausgesprochen der Vorwurf, Kinder für die politische Auseinandersetzung mit der Besatzungsmacht zu missbrauchen in den Raum gestellt wird, wird der israelische Soldat, der einen Jungen verprügelt, hier bei uns eine Straftat, die die Gerichte aufs schärfte ahnden, damit entschuldigt er sei "noch sehr jung"und "vollkommen überfordert":
"Ihnen gegenüber oft mit dieser Situation vollkommen überforderte Soldaten. Viele selbst noch sehr jung."
"Eines der meistgeklickten Videos zeigt Janna vor ein paar Jahren, wie sie einen der Soldaten anbrüllt. Und wie einer der Soldaten plötzlich ausflippt und sich einen der jungen Demonstranten schnappt."
Eine unzweideutige Szene: Ein bis an die Zähne bewaffneter Soldat, dazu noch mit einer Sturmhaube maskiert wie ein Strassenräuber, hält einen zutiefst verängstigten Jungen fest. Kein Grund für die Autorin nicht wieder Zweifel zu sähen, ob nicht vielleicht doch eher der kleine Junge schuld sei an dem Gewaltausbruch des Mannes:
"Ob und wie der Junge ihn provoziert hat, sieht man freilich nicht."
Aus dieser Logik heraus, dass nicht die Besatzer, die Unterdrücker schuld sind, sondern deren wehrlose Opfer, die Kinder ergibt sich fast zwangsläufig die Frage: Wer leitet diese Kinder an, wer verführt sie zu diesem Verhalten? Eine Antwort auf diese Frage gibt die Autorin nicht, indem sie die nach ihrer Meinung Schuldigen benennt, sondern auf ihre, über den ganzen Beitrag hinwegt geübte Praxis, die Zuschauer urteilen zu lassen. Wenn Jannas Mutter sagt:
"Aber wir sind keine Radikalen. Wir wünschen uns nichts mehr, als ein friedliches Zusammenleben von allen Religionen, von Muslimen, Christen und Juden",
dann zieht sie die Ehrlickeit dieses Satzes schon durch die vorangestzte Beobachtung in Zweifel:
"Janna ist ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, und auf dem Foto aus jüngeren Jahren hat diese noch keinen Hijab getragen. Warum sie es heute tut, will sie nicht sagen."
Zweifel, die bei den Zuschauern bestehen bleiben sollen, die Ihnen bei der Verortung, wer hier gut und wer hier böse ist, helfen sollen, die von der Autorin gewünschte, richtige Entscheidung zu treffen. So zwingt sie dann auch noch einmal in den letzten Sätzen ihres Beitrags die Zuschauer, für sch zu entscheiden:
"Man kann in Janna Jihad eine junge, digitale Ikone des palästinensischen Widerstands sehen. Oder ein Kind, das geschickt als mediale Waffe im Kampf gegen Israel benutzt wird. Oder eben einfach nur eine Zehnjährige, die zu schnell erwachsen werden musste, um ihre Kindheit gebracht wurde – ein Opfer des Nahost-Konflikts."
 Der dritte und letzte Beitrag, der sich mit Kindern und Krieg befasst, handelt von der neunjährigen Vietnamesin Han, die von Geburt an einen schweren Herzfehler hat, zurückzuführen auf das während des Vietnamkriegs von den USA, eingesetzte Pestizit Agent Orange:
"Ihr Herz wird nicht richtig durchblutet. Die Lungenfunktion ist eingeschränkt." 
 Weder über die Ursache der Krankheit noch über die Verantwortlichen für dieses Verbrechen, unter dem noch heute Kinder leiden, die über vierzig Jahre nach Ende des Vietnamkriegs geboren wurden, im ganzen Beitrag, fast sieben lange Minuten, kein Wort. Kein Wort über die USA, deren Hubschrauber- und Jetpiloten aus sicherer Höhe aus ihren Flugzeugen zwischen, wie Wikipedia berichtet, 106 und 366 kg tödliches und Generationen von Kindern mit schweren Erbschäden hervorbringendes Dioxin, mit dem Agent Orange immer verunreinigt ist, versprühten (zum Vergleich: in Seveso wurden 1976 etwa 1,5 kg Dioxin freigesetzt). Kein Wort über die Herstellern des Giftes, die sich eine goldene Nase daran verdienten: Dow Chemical, Monsanto, die deutsche Bayer AG und den Lieferanten von Komponenten des Giftes, die deutsche Boehringer Ingelheim.

Wenigstens in der Anmoderation weist Isabel Schayani auf den Verursacher des Erbfehlers der kleinen Han hin. Nachdem sie vom Vietnamkrieg spricht, als sei er wie eine göttliche Plage einfach so über das kleine Land in Südostasien gekommen, ganz ohne dass dafür irgendjemand verantwortlich ist:
"Vietnamkrieg, das klingt fast nach Geschichtsunterricht, ewig her. Nur ist der vier Generationen danach immer noch nicht zu Ende. Immer noch werden tausende kranke Kinder geboren, mit Erbkrankheiten oder mit Herzfehler,"
erweckt sie auch über die Verantwortlichkeit den Eindruck, dies eine göttliche Fügung oder eine unabwendbare Naturkatastrophe gewesen. Kein Wort über die Verbrecher im fernen Washington:
 "Ich erspar uns jetzt Details an dieser Stelle. Das sind zum Teil die Spätfolgen des Entlaubungsgiftes Agent Orange."
dafür ein Tadel für das Gesundheitssystem des Landes, das nicht nur noch heute unter einem 20 jährigen brutalen Krieg zu leiden hat, sonderm das auch sämtliche Folgelasten seiner missglückten "Befreiung vom Kommnuimus" zu tragen hat:
 "Vietnam hat nun wahrlich kein opulentes Gesundheitssystem und die vietnamesischen Familien sind sich fast selbst überlassen."
 Sieben Minuten lang schafft es der Autor Philipp Abresch, über ein kleines Mädchen zu berichten, dass schwer zu leiden hat unter den Spätfolgen des brutalen Krieges einer Grossmacht gegen das kleine Volk der Vietnamesen, die nur den verständlichen Wunsch nach Selbstbestimmung hatten und dafür gnadenlos hingemetzelt wurden.

 So nimmt es nicht Wunder, dass Abresch nicht, auch nur ansatzweise die Frage nach der Entschädigung der Millionen Opfer stellt. Bekamen die US-GI's, die aus Versehen in den Sprühnebel gerieten, von den Herstellerfirmen in einem Vergleichsverfahren zusammen 194 Mio. Dollar Entschädigung, so wurde den Menschen in Vietnam eine Entschädigung mit der Begründung, es handele sich bei dem Versprühen von Agent Orange nicht um ein Vergehen gegen internationales Recht, da das Gift nicht unter die chemischen Kampfstoffe falle, bis heute vorenthalten.

 Kann Abresch schon kein Verbrechen in dem Versprühen von tödlichem Gift über ein ganzes Land durch die USA erkennen und daher auch keine Verpflichtung Wiedergutmachung für die Opfer, so teilt er umso härter gegen das kleine und bitterarme Vietnam aus:
"Ho Chi Minh City – hier pocht das Leben. Vietnam hat in den letzten Jahren riesige Sprünge gemacht. Vom Sozialismus mitten hinein in die Marktwirtschaft. Die Kindersterblichkeit ist drastisch zurückgegangen. Aber die Versorgung für Kinder mit schweren Krankheiten ist mangelhaft. Vor allem auf dem Land."
 Man sieht an diesen drei Beispielen der Berichterstattung in nur einer einzigen Sendung des Weltspiegel, dass es der ARD schon lange nicht mehr an einer objektiven Berichterstattung gelegen ist. Manipulationen, offensichtliche und versteckte, gepaart mit einer systematischen Verdummung der Zuschauer fast in jedem Beitrag. Dazu eine überhebliche Besserwisserei, wenn man die Damen und Herren Redakteure auf ihre Fehlleistungen hinweist. Beratungsresistenz und beleidigtes Verallgemeinern der Kritiker als Nörgler und Wutbürger.

 Sicher gibt esimmer noch Redakteurinnen und Redakteure, die um eine ausgewogene, mit Sorgfalt erstellte Berichterstattung in den Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten bemüht sind, aber ebenso gibt es auch unter den Kritikern Menschen, die ernsthaft über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung besorgt sind. Nicht alle Kritiker sind Autoren von Hassmails, verunglimpfenden Tweets und Facebook-Beiträgen, so wie man uns von betroffener Seite aus einreden will.

  Alle Bilder: Screenshots ARD-Weltspiegel


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