„Russlands Präsident Wladimir Putin (64) erlaubt Reportern beim Confederations Cup im Sommer keine freie Berichterstattung. Und die Fifa spielt mit. Der Skandal, der auch unsere National-Elf betrifft“,
und alle sprangen drüber.
Ob Politiker wie der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU):
„Die Akkreditierungsvorschriften für den Fifa-Konföderations-Pokal zeigen ein seltsames Verständnis von Pressefreiheit. Offenbar herrscht in Russland große Angst vor einer freien Berichterstattung über die Zustände im Land“,
oder der angebliche SPD-Linke Ralf Stegner:
„Genauso wenig, wie wir es richtig finden, wenn US-Präsident Trump die ‚Lügenpresse‘ beschimpft, können wir es akzeptieren, wenn Putin oder die Fifa die Pressefreiheit einschränken.“,
die Sportfunktionäre wied as langjährige CDU-Mitglied und DFB-Präsident Reinhard Grindel:
„Ich werde mich bei der Fifa-Ratssitzung am 9. Mai dafür einsetzen, dass die beim Confed Cup akkreditierten Journalisten frei berichten können. Es wäre ein wichtiges Signal für die WM 2018, wenn schon beim Vorbereitungsturnier das russische Organisationskomitee deutlich macht, dass es keine Einschränkungen der Pressefreiheit gibt“,
oder Liga-Präsident Reinhard Rauball:
„Die uneingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit gehört zu den Menschenrechten. Die Wahrung der Menschenrechte muss auch bei einem sportlichen Großereignis sichergestellt werden – egal, wo es stattfindet“,
oder Frank Überall aus dem Bundesvorstand des Deutschen Journalistenverbandes, der schon mal "die die positiven Effekte der „situativen Kooperation“ und des Netzwerkens"hervorhebt, wenn er sich zu Korruption äussert:
„Die Fifa lässt sich hier vor den Karren einer menschenrechtsfeindlichen Regierungspolitik spannen, indem sie Journalisten massiv in ihrer Arbeit behindert. Man muss darüber nachdenken, ob man solche Turniere künftig noch in Ländern austragen kann, die die Pressefreiheit mit Füßen treten“,
alle eilten sie der „Bild“ an die Seite.
Und weil nun einmal in den Qualitätsmedien das Wunschdenken die Fakten ersetzt hat, waren auch die diensteifrigen Redakteurchen sofort zur Stelle und witterten dunkle Machenschaften zwischen der FIFA und dem Bösewicht vom Dienst, dem russischen Präsidenten Wladimir Waldirimitsch Putin, gemeinhin einfach nur Putin genannt.
Landauf – landab, von der „Aachener Zeitung“ bis hin zu „Zeit online“ empörten sich die Produzenten der veröffentlichten Meinung. Der „Focus“ sah die:
Fifa von Putin "vor den Karren gespannt": Zensur-Skandal vor dem Confed-Cup
n-tv fragte besorgt:
„Zensur beim Confed-Cup?: Fifa beschränkt Journalisten, DFB protestiert
sich die Neue Westfälische da ganz siche war:
„Russland schränkt Pressefreiheit für Confed Cup ein“,
der „Tagesspiegel“ widmete dem Thema gleich zwei Artikel:
„Confed Cup in Russland: Fifa will Journalisten einen Maulkorb verpassen“
und:
„Russland: Fifa-Vorgaben für Confed Cup verärgern Journalisten“.
Da mochte sich auch das Sturmgeschütz des deutschen Rundfunkwesens, der „Deutschlandfunk“ nicht lumpen lassen. Seine Beiträge betitelte er:
„Confederations Cup - Russland schränkt Pressefreiheit ein“,
und:
„Confed-Cup in Russland DJV und DFB fordern volle Freiheit bei Berichterstattung“.
Wie immer, wenn es darum geht die Deutschen umfassend zu desinformieren, wollte auch Dr. Gniffkes ARD-Aktuell Flaggschiff, die „Tagesschau" nicht abseits stehen:
„FIFA: Debatte über Medienregeln bei Confed Cup“,
dichtet die Redaktion.
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Aachener Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Abendzeitung | Russland: Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Allgemeine Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Augsburger Allgemeine | Confed Cup: Kurze Leine für Journalisten |
Berliner Zeitung | Kommentar zum Confed Cup 2017: Von Putin gelenkte Pressefreiheit |
Bürstädter Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Deutsche Welle | DFB-Kritik an Confed-Cup-Akkreditierung |
Deutschlandfunk | Confederations Cup - Russland schränkt Pressefreiheit ein |
Deutschlandfunk | Confed-Cup in Russland DJV und DFB fordern volle Freiheit bei Berichterstattung |
DIE WELT | Confed-Cup droht Zensur |
Emder Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung | Bei Confed Cup in Russland: Die Fifa will kritische Berichte stark einschränken |
FOCUS Online | Fifa von Putin "vor den Karren gespannt": Zensur-Skandal vor dem Confed-Cup |
FOCUS Online | Fußball: Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Frankfurter Neue Presse | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Gelnhäuser Tageblatt | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Gießener Anzeiger | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Hamburger Abendblatt | Protestwelle wegen Medienregeln beim Confed Cup |
Hamburger Morgenpost | Confed Cup in Russland: Protest gegen FIFA-Zensur |
Handelsblatt | Fußball: Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Hildesheimer-allgemeine | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
inFranken | Die Bühne der Despoten |
Kölner Stadt-Anzeiger | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Kreis-Anzeiger | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Lampertsheimer Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Main-Spitze | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Mitteldeutsche Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
N-tv | Zensur beim Confed-Cup?: Fifa beschränkt Journalisten, DFB protestiert |
Neue Westfälische | Russland schränkt Pressefreiheit für Confed Cup ein |
neues deutschland | Einschränkung für Medien |
Nordwest-Zeitung | Confed Cup: Journalisten fürchten Verbote in Russland |
Nordwest-Zeitung | Kritik An Akkreditierungsbestimmungen: Fifa beschwichtigt Sportjournalisten |
Oberhesseische Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Oberhessische Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Passauer Neue Presse | Confed Cup: Kritik an Einschränkungen für Journalisten |
RevierSport | Rauball sieht Rechte von Reportern in Gefahr |
Rhein-Neckar-Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
RP ONLINE | Confed Cup 2017: Mögliche Zensur ruft DFB und DFL auf den Plan |
RP ONLINE | Confed Cup 2017: FIFA duldet eingeschränkte Pressefreiheit |
Schwäbisches Tageblatt | Russland und Fifa in großer Erklärungsnot |
Schwarzwälder Bote | Russland: Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
SPIEGEL ONLINE | Confed Cup: Fifa schränkt kritische Berichterstattung ein |
Süddeutsche.de | Confed Cup in Russland - Journalisten fürchten Einschränkungen beim Confed Cup |
Südwest-Presse | Russland und Fifa in großer Erklärungsnot |
T-online | Russland: DFB wehrt sich gegen "Maulkorb" |
Tagesschau | FIFA: Debatte über Medienregeln bei Confed Cup |
Tagesspiegel | Russland: Fifa-Vorgaben für Confed Cup verärgern Journalisten |
Tagesspiegel | Confed Cup in Russland: Fifa will Journalisten einen Maulkorb verpassen |
Traunsteiger Tageblatt | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Usinger Anzeiger | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Volksstimme | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Walsroder Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Werwesten | Grindel und Rauball fordern Pressefreiheit beim Confed Cup |
Westdeutsche Allgemeine Zeitung | Pressefreiheit beim Confed-Cup: Russland in der Kritik |
Westlälische Rundschau | Pressefreiheit beim Confed-Cup: Russland in der Kritik |
Westlfalenpost | Pressefreiheit beim Confed-Cup: Russland in der Kritik |
Wiesbadener Tageblatt | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Wirtschaft.com | SPD und Grüne: Merkel muss sich bei Putin für Pressefreiheit einsetzen |
Wormser Zeitung | Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
ZEIT ONLINE | Fußball: Protestwelle wegen Medienregeln bei Confed Cup |
Was war passiert, was hatte einen solchen Shitstorm in den deutschen Redaktionsstuben ausgelöst?
"Bild“ hatte einmal mehr den Beweis angetreten, dass man auch aus rein gar nichts einen Riesen-Skandal entwickeln kann, wenn man nur laut genug brüllt und den gerade vorherrschenden Trend im deutschen Pressewesen bedient. Und dieser Trend ist nun einmal ein allgemeines Putin-Bashing und die Erkenntnis das Sportfunktionäre im allgemeinen und die der FIFA im besonderen ausnahmslos korrupt sind und ein besonderes Faible für Staaten haben, die nicht gerade im Verdacht stehen, lupenreine Demokratien zu sein.
"Bild“ hatte sich einmal die Richtlinien der vereinfachten Akkreditierung der FIFA für Journalisten angesehen, die vom Confed-Cup, der vom 03. Juni bis zum 10. Juli in Russland stattfindet. Dabei war den Schlaubergern von der „Bild“ aufgefallen, das es ein paar Formulierungen gab, die, wenn man denn unbedingt wollte, auch falsch verstehen konnte.
Darin hiess es :
- Medienvertreter mit einer Akkreditierung für den FIFA Konföderationen-Pokal dürfen ausschliesslich über den FIFA Konföderationen-Pokal 2017 und damit verbundene Ereignisse berichten.
- Medienvertreter mit einer Akkreditierung für den FIFA Konföderationen-Pokal dürfen nur auf dem Gebiet der Spielorte und nahegelegener Sehenswürdigkeiten tätig sein.
„Bild“ und nahezu alle anderen Medien sahen unisono die Pressefreiheit im Äussersten gefährdet, was ja, wie man ohnehin weiß, in Russland der Standard ist.
Allerdings war die ganze Aufregung umsonst und durch die Akkreditierungsrichtlinien der FIFA auch keineswegs begründet. Handelt es sich doch, und das steht auch im Text, um eine vereinfachte Akkreditierung, ausschliesslich für Pressevertreter die nur von dem Sportereignis berichten wollen. Alle Reporter, die darüber hinaus über Land und Leute berichten wollen steht natürlich die ganz normale AM-Akkreditierung offen. Es ist also ein Serviceangebot der FIFA, das für einen speziellen Fall speziell konfiguriert ist.
Besonders erregten sich die Herrschaften über die Textpassage „ dürfen ausschliesslich über den FIFA Konföderationen-Pokal 2017 und damit verbundene Ereignisse berichten“. Eine Regelung, die im übrigen bei Events ähnlicher Art so oder so ähnlich üblich ist. So heisst es etwa in den Akkrediteirungsrichtlinien der deutschesten alle deutschen Sportveranstaltungen dem „Internationalen Deutschen Turnfest“ in Berlin vom 03. bis zum 10. Juni 2017:„Mit einer Presseakkreditierung des Turnfests Berlin 2017 sind nur redaktionelle Tätigkeiten möglich, die in unmittelbarem Bezug zur Veranstaltung stehen.“
Bisher sind keine Proteste weder von der „Bild“ noch von irgendwelchen anderen Medien bekannt geworden, in denen etwa von einer Zensur der Presse beim „Deutschen Internationale Turnfest“, dem deutschen Turnerbund oder gar einem Komplott von deutschem Turnerbund und Bundeskanzlerin Angela Merkel, niemals nur kurz Merkel genannt, zwecks Einführung der Zensur, die Rede gewesen wäre.
Der zweite Aufreger ist die Formulierung in Absatz 2: „... dürfen nur auf dem Gebiet der Spielorte und nahegelegener Sehenswürdigkeiten tätig sein“.
Macht man sich die Mühe und schaut einmal im englischen oder französischen Text nach so steht dort:
„Media repräsentatives accredited for the FIFA Confederations Cup are allowed to work on the territory of the host cities and cultural sites located nearby.“oder:
„Les représentants des médias accrédités pour la Coupe des Confédérations sont autorisés à travailler sur le territoire des villes hôtes et sur les sites culturels avoisinants.“
In beiden Texten fehlt das Äquivalent für das im Deutschen einschränkende Wort „nur“, das allerdings in der spanischen Version wieder auftaucht. Da davon auszugehen ist, dass die Redakteure des Textes bei der FIFA sicher dem englisch und französischem eher mächtig sind als dem Deutschen und dem Spanischen, kann man davon ausgehen, dass es sich hier nur um eine mangelhafte Übersetzung handelt. Einfach mal ein wenig am Text manipuliert, und schon hat die Meldung den richtigen Spin.
Wer wollte konnte und bei sorgfältiger Betrachtung der Fakten, musste eigentlich die ganze Angelegenheit in einem ganz anderen Licht sehen. So unterzieht die „Osnabrücker Zeitung“ die Akkreditierungsrichtlinien eines in letzter Zeit auch in anderen Publikationen und vor allen Dingen in umgekehrtem Zusammenhang so beliebt geworden Faktencheck. Der stellvertretende Chefredakteur des Blattes, Burkhard Ewert erklärte seinen verdutzten Kollegen:
„In vielen Ländern der Welt brauchen ausländische Journalisten Visa für ihre Arbeit. In den USA, in der Türkei, in Israel – und eben auch in Russland. Um den in großer Zahl und nur für kürzeste Zeit einreisenden Sportjournalisten beim Confed-Cup ihre Arbeit zu erleichtern, führte das russische Aussenministerium als Entgegenkommen eine Sonderregelung ein: Die Reporter müssen nicht zwangsläufig das – durchaus umständliche – reguläre amtliche Visa verfahren durchlaufen. Eine Registrierung bei der FIFA genügt, die dann über die Botschaften eine Sammelfreigabe für die Journalisten einholt.“
Mit diesem „Spar-Visum“sei die Berichterstattung über die Spiele und Schauplätze unbürokratisch möglich. Wer als Journalist mehr wolle, so Ewert, dem stehe es ganz und gar frei, sich wie in anderen Ländern ein reguläres Visum zu besorgen.
Auch Oliver Frick, ARD-Teamchef für den Hörfunk beim Confed-Cup fällt es sichtlich schwer, die Aufregung in den deutschen Medien zu verstehen und nachzuvollziehen. Auf die Frage ob es unüblich sei was die russischen Behörden von den Journalisten verlangten antwortet Frick:
„Ich habe meinen Bogen vor mir liegen. Da steht: Oliver Uwe Frick, ARD-Radio Deutschland, Management, wir freuen uns Sie akkreditieren zu dürfen. Hiermit wird die Akkreditierung erteilt. Ich habe auch ein Visum bekommen bis Dezember 2018 über die FIFA und die lokalen Organisationen. Das war überhaupt kein Problem. Ich habe sogar eine Berechtigung zu filmen vom 17. Mai bis zum 10. Juli. Die Basecamps der Teams, irgendwelche Denkmäler, kulturelle Stätten, alle Städte in Russland.“
Und so Frick:
„...ich habe nachgeschaut: genau dieses Formular habe ich schon 2009 vor Südafrika bekommen und auch 2013 vor Brasilien. Das ist einfach ein Standardschriftsatz der FIFA.“
Bis zum obersten aller Journalisten, dem Vorsitzenden des Bundesvorstand des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall sind solche Erfahrungen noch nicht durchgedrungen. Der schrieb noch gestern an den FIFA-Präsidenten Gianni Infantino einen Brief, den er natürlich nicht vergass öffentlich zu machen.
"Das sind Bedingungen einer Diktatur, die Angst davor hat, dass in den Medien kritische Berichte über das politische, wirtschaftliche und soziale Umfeld der Spiele erscheinen könnte“,
erboste sich der Verbandschef, der im übrigen auf dem Verbandstag in diesem Jahr in seinem Amt bestätigt werden möchte. Da ist es unter Umständen nicht hilfreich, wenn man sich gegen eine mächtige Lobby stellt.
Seriöse Berichterstattung entlang sorgfältiger Recherche war gestern. Heute ist Randale und Klamauk, Manipulation und Propaganda. Wer sich nicht streckt, der bleibt auf der Strecke, das gilt vom kleinen Praktikanten in der Lokalredaktion des mickrigsten Käseblatts bis zum Verbandsboss der Journalisten.