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Die Rüstungslüge - Wie Europas Bürger auf den Krieg vorbereitet werden

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 Es war eine einzige Lüge des US-amerikanischen Aussenministers Collin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat im Februar 2003, als er zu belegen versuchte, das der Irak im Besitz von chemischen und biologischen Waffen sei, dass er neue Raketen mit weit größeren Reichweiten als die bekannten Modifizierungen der Scud-Rakete, die Al Hussein und die Al Abbas konstruiere, und das Hussein dabei sei,in aller Welt waffenfähiges Uran zu kaufen, um daraus eine eigene Atombombe zu bauen.

 Es war eine Lüge, aber es war die Initialzündung für den Krieg der USA gegen den Irak. Es war die Begründung für den Beginn eines gewaltigen Schlachtens, das bis heute noch nicht beendet ist, die Destabiisation einer ganz Weltregion und der Beginn einer neuen Welle des Terrorismus.

 Der Plan war einfach: Angst sollte geschürt werden, vor einem hochgerüstetem Irak. Massenvernichtungswaffen in der Hand eines Irren. Dem, so die Argumentation der USA vor dem Weltsicherheitsrat müsse man mit einer militärischen Intervention zuvorkommen; eine Militäraktion, die die Waffen Husseins vernichte und so die Welt vor schlimmeren bewahren. Und die müsse schnell und umgehend geschehen, bevor die Bedrohung zu groß geworden sei.

 Die Iraklüge ist vielleicht die prominenteste, aber mit Sicherheit nicht die einzigste Lüge, die erfunden und dazu verwandt wurde, um einen Krieg vom Zaun zu brechen mit der Begründung man müsse gegen einen teuflischen Gegner vorgehen, der unablässig aufrüste. Man müsse sich wehren bevor der Gegner übermächtig geworden sei, bevor der Feind mit seiner Übermacht an Kriegsgerät unsere Freiheit bedrohe.

 Einer der Gründe des ersten Weltkrieges, war die Angst der Alliierten vor einem zu mächtig werdenden Deutschland. Hitler begründete den Angriff auf Russland damit, dass wenn die Wehrmacht weiter hinwarten würde, Russland militärisch überlegen werde und dann das Deutsche Reich überfallen würde.

 Es ist eine weit verbreitete Taktik aller Kriegstreiber, die Rüstungsanstrengungen des Gegners zu über- und die eigenen zu untertreiben. Immer hat der Gegner begonnen aufzurüsten und man selbst ist dadurch gezwungen nachzurüsten, um nicht noch stärker unterlegen zu sein als ohnehin schon.


Screenshots aus der original Powerpointpräsentation von Collin Powell vor dem Weltsicherheitsrat

 Dabei scheint nichts leichter zu sein, die eigenen Bürger und die Welt zu täuschen. Mit solch einfachen Bildchen überzeugte Collin Powell 2003 die Welt davon, dass Saddam Hussein im Besitz von fahrbaren Produktionsstätten für Biowaffen sei, montiert auf LKWs oder Eisenbahnwaggons.

 Am 7. Juni postete der „Zeit“-Journalist Steffen Dobbert zwei Tweets auf seinem Twitter-Account. Zunächst einen Hinweis auf ein Papier EU-Kommission zur zukünftigen -wie es immer so beschwichtigend heißt - Verteidigungsplanung, mit dem schönen Namen:
"Reflection Paper on the future of European Defence".


 Und damit auch der dümmste sieht, wie notwendig doch eine Erhöhung der Rüstungsausgaben in der EU ist, liefert Dobbert auch gleich die Begründungdafür nach. Er "retweetet" Slawomir Debski, den Direktor des Polski Instytut Spraw Międzynarodowych (PISM), dem Polnisches Institut für Internationale Angelegenheiten. Debski und sein PISM legen eine Grafik vor, die wohl aufschrecken soll. Eine Grafik die aufzeigt um wieviel Prozent, die russischen Rüstungsausgaben in den letzten 10 Jahren gestiegen sind.
 Und in der Tat geht die Schere zwischen Russland und den im Vergleich betrachteten Ländern USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland beträchtlich auseinander. So legte Russland in seinen Rüstungsausgaben von 2007 - 2016 um 87% zu, während Frankreich und Deutschlands Ausgaben für Rüstung bei leichten Zunahmen fast auf dem Stand von 2007 verharrten und die Ausgaben der USA, Großbritanniens und Italiens sogar leicht zurückgingen.

 Allerdings ist eine Grafik, die Prozentzahlen vergleicht, hochgradig irreführend, da Prozentzahlen immer relative Werte sind. Um das einemal deutlich zu machen, ein kleines Beispiel: Gibt Staat A im ersten Jahr 100 Mrd. Dollar für seine Rüstung aus und steigert diese Ausgaben um 10% so kauft er im 2. Jahr für 110 Mrd. Dollar Waffen. Kauft Staat B im ersten Jahr für 600 Mrd. Dollar Waffen ein und steigert seine Ausgaben für Rüstung enbenfalls um 10%, so kauft er im zweiten Jahr Rüstungsgüter für 660 Mrd. Dollar ein. Beide würden auf einer Grafik des PISM und Herrn Debski, dazu von Steffen Dobbert mit lautstarkem Beifall bedacht, auf gleichem Niveau geführt. Tatsächlich steigert Staat A seine Ausgaben aber nur um 10 Mrd. Dollar, Staat B aber um 60 Mrd. Dollar. Eine Steigerung, die in einem Jahr mehr als die Hälfte des gesamten Rüstungsetats von Staat A entspricht.

 Will man Bedrohung anhand von Rüstungsausgaben sichtbar machen, dann muss man die realen Zahlen der Ausgaben verwenden, denn mit Prozenten kann man keine Rüstungsgüter kaufen. Diese Grafik sähe dann so aus:


Russland, Frankreich, Gr0ßbritannien, Italein und Deutschland liegen mit ihren Rüstungsausgaben weit unter der 100-Mrd $-Grenze. Die USA mit weitem Abstand darüber, mit etwas mehr als 600. Mrd. $.

 Ein Vergleich der beiden Grafiken zeigt das ganze Ausmass der Täuschung. Allein die USA geben in 2007 das 8,6-fache für ihr Militär aus wie Russland - und das in etwa jedes Jahr seit 2007. Rechnet man die Ausgaben der vier anderen Länder Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland noch on Top, so geben die fünf Natostaaten sogar Jahr für Jahr 11,2 mal soviel für ihre Rüstung aus wie Russland.

Steigerte Russland seinen Wehretat weiterhin, wie in den letzten 10 Jahren, nämlich um 32,647 Mrd. Dollar, so bräuchte das Land 75 Jahr um den gleichen Standard wie die Natostaaten Europas zu erreichen und 186 Jahre um den der USA zu erreichen.

Wie die Kräfteverhältnisse wirklich sind, verdeutlicht die nächste Grafik:
 Während der USA und die Natostaaten Europas im Jahr 2016 die enorme Summe von 852,3 Mrd. für ihre Militärhaushalte ausgaben, waren es in Russland lediglich (nur) 70,4Mrd. Angesichts dieser Zahlen kommt es einer groben Täuschung gleich, wenn immer wieder mit dem Verweis auf die große Zunahme des russischen Wehretats gefordert wird, die eigenen Rüstungsanstrengungen zu vergrößern.



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