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Üble Meinungsmache bei ARD-Tagesschau und ARD-Tagesthemen

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  Wer letzten Endes verantwortlich ist für die Zerstörung der Krankenhäuser und Schulen in Idlib und Azaz in Syrien ist, ist ungeklärt und wird es wahrscheinlich auch bleiben. Die Schuldfrage soll hier auch nicht das Thema sein. Hier soll einmal exemplarisch untersucht werden, wie die deutschen Medien, insbesondere die ARD-Tagesschau und die ARD-Tagesthemen mit dieser Meldung umgehen, wie sie uns unterschwellig einen Verantwortlichen präsentieren, wie sie mit Material arbeiten, das ihnen von interressierter Seite zugeschoben wird und wie sie sich nicht im Geringsten bemühen, dieses Material zu hinterfragen, wie sie eigene Recherche ersetzen durch billige Propaganda und wie sie dadurch beitragen die Konflikte anzuheizen, anstatt durch eine ausgewogene Berichterstattung zu einem besseren Verständnis der Dinge beizutragen.

 In der Hauptsendung der Tagesschau um 20.00 Uhr, am Montag, den 15. Februarwar die Meldung von den Zerstörungen in Maarat al Numan in der Provinz Idlib und in der Stadt Azaz nahe der syrisch-türkischen Grenze der Aufmacher. Die Sprecherin im Studio, Judith Rakers schilderte durchaus sachlich die bis dahin bekannten Einzelheiten:
"Im Norden Syriens ist heute die Gewalt weiter eskaliert. Bei Luftangriffen auf Krankenhäuser und Schulen wurden nach UN-Angaben mindestens 50 Menschen getötet. Einer der Angriffe ereignete sich in der Stadt Azaz nahe der türkischen Grenze, ein weiterer in Maarat al Numan in der syrischen Proviz Idlib. Hier wurde ein Krankenhaus getroffen, das von der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" unterstützt wird. Deren Angaben zu Folge sollen dabei mindestens sieben Menschen getötet worden sein."
 Bis hierher eine durchaus zu vertretende Meldung, überwiegend sachlich und informativ. Danach spielt die ARD einen Filmbeitrag von Volcker Schwenck aus ihrem Studio in Kairo ein. Zur Info, Kairo ist Luftlinie 877 Kilometer entfernt von Aleppo und über die kürzeste Route, über das östliche Mittelmeer, knapp elfhundert Kilometer. Der Film selbst ist eines dieser bekannten Handyvideos, deren Herkunft zumindest fragwürdig ist. Oben links im Fenster ist das Zeichen eines Internet-TV-Senders, "AlMarra Today", eingeblendet. Die Selbstdarstellung von "Almarra Today" lässt zumindest Zweifel an der Neutralität des TV-Senders aufkommen. Dort steht, "Almarra Today" sei ein:
"junges Medienteam aus dem Herzen der syrischen Revolution".
Zu den selbst gestellten Aufgaben heisst es:
"dass die Leiden, die Ungerechtigkeit, die Unterdrückung und alle Verbrechen am syrischen Volk in allen seinen Formen real vermittelt und dokumentiert werden"
 Schaut man sich den Film, aus dem die Anfangssequenz des ARD-Beitrags herausgeschnitten wurde, im Original auf dem You Tube Kanal von AlMarra Today an, so stellt man fest, dass die Handykamera schon Sekunden bevor überhaupt ein Flugzeug am Himmel auftaucht auf die Stelle ausgerichtet ist, an der dann später die Staubwolken der Bombenexplosionen zu sehen sind. Merkwürdig, dass sie dort just zu diesem Augenblick steht und eine nichtssagende Szene von drei vorüberfahrenden Motorrädern filmt. Dann plötzlich nach oben schwenkt, ein sich rasch entfernendes Flugzeug filmt, das nur bei starker Vergrösserung unscharf zu erkennen ist und dann wieder sofort präzise auf die Stelle zurückfährt, von der dann die Staubwolken aufsteigen.

Nur sehr schwer zu erkennen, der kurze schmale Strich ungefähr auf halber Höhe auf der rechten Seite des Bildes, ein Flugzeug. Aber sicher identifiziert, ein russisches.

 Der ARD-Beitrag beginnt erst mit den Bildern des Flugzeuges am Himmel. Danach ein Schnitt. Das Original zeigt ein vorbeifahrendes Motorrad, ein dreirädriges kleines Lastfahrzeug, wonach es mit oben erwähntem präzisem Schwenk wieder auf die Stelle mit den nun unmittelbar aufsteigenden Staubwolken fährt. Zehn Sekunden schneidet die ARD aus dem Original heraus. Zehn Sekunden Film, die zusammen mit der ebenfalls von der ARD nicht gezeigten Anfangssequenz zumindest daran zweifeln lassen, dass dort jemand ganz zufällig mit seinem Handy ein Video aufgenommen hat.

 Schwenck kommentiert:
"Der Angriff kam am Morgen. Vier Raketen soll der Kampfflieger abgefeuert haben."
 Schwenck weiss nicht so genau, was wirklich passiert ist. Wie auch? Schliesslich sitzt er in seinem Studio in Kairo und ist auf fremde Quellen angewiesen. Allerdings vermeidet er auch jeden Hinweis auf seinen Informanten. Woher die Informationen kommen ist daher nur zu vermuten. Links oben in den Bildern ist das Zeichen "mmc" zu sehen. "mmc" steht für Maara Medien Center.
"Das Maara Medien Center berichtet über das Geschehen in Maarat und Umgebung, über Idlib und dem Umland durch eine Vielzahl von Medien und Materialien",
beschreibt das "mmc" seine Arbeit.

 Seit dem Oktober 2012 ist Maarat al Numan in der Hand der Al Nusra Milizen, des arabischen Ablegers von Al Quaida. Man darf also davon ausgehen, dass auch das "mmc" fest in der Hand der Al Nusra ist. Merkwürdig, auf dem You Tube Channel von "mmc" ist dieses Video nicht zu sehen. Woher hat die ARD den Film? Publiziert wird das vollständige, 1 Minute, 22 Sekunden lange Video auf dem Portal Interceder. 

  Aber erst zwei Tage später, am Mittwoch. Die ARD nutzt davon lediglich 9 Sekunden, die eingebettet sind in Sequenzen eines Videos der Organisation "White Helmets".

 White Helmets ist ein anderer Name für die Organisation “Syrian Civil Defence”. Sie wurde 2013 von den USA gegründet. Japan Grossbritannien und die USA warfen $300.000 zusammen, engagierten den ehemaligen britischen Elitesoldaten James Le Mesurier und schulten zwei Tage lang 25 junge Syrer, die sie gut bezahlten mit Hilfe des türkischen "elite natural-disasters response team" im Bergen Verschütteter und Erster Hilfe.

 James Le Mesurier betreibt eine Firma mit Namen "Mayday Rescue" und Sitz in Dubai. Unter dem Punkt "How to help" auf der Seite der Firma findet man folgenden Text: 
"Mayday akzeptiert keine Freiwilligen an ihren Außenstellen oder Ausbildungsstätten. Allerdings besteht die Chance sich an einem der wichtigsten Dinge zu beteiligen die wir tun, für weltweite Politikänderungen einzutreten und dabei die am meisten gefährdeten Communities zu schützen."
 Klickt man auf den Link, so landet man ohne Umwege direkt bei den "White Helmets". Auch die Finanziers der Mayday-Aktivitäten nennt uns Le Mesurier freimütig auf der Website:
"Finanziert werden die Mayday Programme durch großzügige Zuschüsse der Regierungen von:
United Kingdom – Conflict Security and Stability Fund.
Japan – Japan International Cooperation Agency
Kingdom of Denmark – Ministry of Foreign Affairs
Kingdom of The Netherlands – Ministry of Foreign Affairs"
 Unter dem Punkt "What We Do" wird dezidiert nur das Weisse-Helmelm-Programm in Syrien genannt. Dort habe man zur Zeit 110 Teams mit insgesamt 2.700 Helfern im Einsatz. Allerdings, so Mayday, prüfe man zur Zeit die Möglichkeiten von, so wörtlich
"Zivilschutz basierten Stabilitätsprogrammen in anderen arabischen Ländern, unter anderem im Irak und im Jemen".
 Im Frühjahr 2014 wurde dann die US-amerikanische PR-Agentur "Purpose" von einem oder mehreren Geldgebern beauftragt, eine PR-Kampagne gegen die Assad-Regierung und für die Rebellen in Syrien zu starten. Das Ergebnis war "The Syria Campaign", ein Internetportal, das auf diffizile Weise Propaganda für die syrischen Rebellen und gegen die syrische Regierung betreibt. "The Syria Campaign" erhielt laut eigener Website eine Anschubfinanzierung durch die "Ayman Asfari Stiftung". Ayman Asfari ist ein Milliardär, der sein Geld in der Öl- und Gasbranche gemacht hat. Als Telefonkontakt gibt die Organisation eine Nummer in Beirut und eine in New York an, dort wo auch "Purpose" seinen Sitz hat. Ruft man die Nummer in New York an, meldet sich dort nur ein Anrufbeantworter.

 Die erste grosse Aktion von "The Syria Campaign" war die Torpedierung der syrischen Präsidentschaftswahlen am 3. Juni 2014. Obwohl zum ersten Mal in der syrischen Geschichte mehr als ein Kandidat zur Wahl standen, erklärte "The Syria Campaign" diese Wahlen für ilegitim und wirkte beispielsweise solange auf Facebook ein, bis diese sämtliche bezahlte Wahlwerbung auf ihren Seiten unterband.

 Von Anfang an entwickelte "The Syria campaign" eine gewaltige Medienpräsenz für ihr Projekt "The White Helmets". Die Aktionen der weissen Helme wurde geradezu mythologisiert und verherrlicht. Angeblich, so behaupten die Weisshelme, seien sie überparteilich und würden unabhängig von der Zugehörigkeit der Kriegsparteien, jedermann helfen. Tatsache aber ist, dass die unparteiischen Lebensretter nur in den Rebellengebieten Idlib und Aleppo tätig sind.

Ihre primäre Funktion ist die Propaganda. Sieht man sich einmal ihre Internetseite, ihren Facebook- und Twitteraccount etwas näher an, so stellt man fest, das dort sachliche Information völlige Fehlanzeige ist. Die Nähe zu "The Syria Campaign" wird überdeutlich durch die angegebene Kontaktadresse. Die lautet nämlich "info@thesyriacampaign.org".

 Es lässt sich festhalten, dass die ARD sich bei ihrem Bericht auf von Interessen gesteuerte PR statt auf seriöse Nachrichtenquellen stützt. Besser als es Rick Sterling, einer der Gründer des "Syria Solidarity Movement" in El Cerrito, Kalifornien, auf der Website "Dissident Voice" schreibt, von der auch viele Informationen für diesen Post stammen, kann man es kaum ausdrücken:
"Die Manipulatorensetzen aufemotionaleBilderund Nachrichten, nichtFakten.Sie sind abhängig vonbereitwilligen Partnerninden Mainstream-Medien, die die einfachenCharakterisierungen, wer oder was gut oder schlecht ist verstärken. Sie sind abhängig von einem Publikum das keine Fragen stellt oder eigene Untersuchungen anstellt. In diesen Zeiten derrasanten Verbreitungvon visuellen undTextinformationen über Social Media, ist das Potenzial fürBetrugriesig."
 23 lange Sekunden lässt die ARD hochemotionale Bilder auf ihre Zuschauer einrieseln, ohne auch nur mit einem Nebensatz auf die fragwürdigen Quellen einzugehen. Volker Schwenck kommentiert dazu mit weiteren Vermutungen:
"Unter den Toten mehrere Patienten und Klinikmitarbeiter. Einige noch Vermisste sind wahrscheinlich ebenfalls tot."
Und nun greift die ARD zu einem Trick, um im Auge der Zuschauer ihr eigenes Unwissen in Gewissheit umzuwandeln:
"Unklar ist, wer die Raketen abgefeuert hat. Syriens Botschafter in Moskau beschuldigt die US-Luftwaffe, Oppositionsaktivisten machen Russland verantwortlich."
Bis hierher durchaus akzeptabel aber nun setzt die Manipulation ein. Kommentarlos und mit einem harten Shcnitt fährt unvermittelt Volker Westerbarkey, Präsident der deutschen Sektion von "Ärzte ohne Grenzen" fort:
"Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass es ein russischen Flugzeug war, aber nach alldem was wir wissen, gehen wir fest davon aus, dass die von der syrischen Regierung geführte Koalition verantwortlich ist für die Angriffe auf dieses Krankenhaus."
 Wer, bitte schön, will schon die offizielle Aussage einer solchen Organisation ohne Fehl und Tadel, wie es die "Ärtzte ohne Grenzen" zu sein scheinen, anzweifeln. Da kommen auch keine Zweifel auf, wenn der Mann ganz offensichtlich auch nichts weiss, und das, was er zu wissen vorgibt nicht preisgeben will - Westerbarkey bleibt im Ungefähren.

 Ähnlich dünn ist anscheinend die Erkenntnislage der ARD über die Vorgänge in Azas nahe der syrisch-türkischen Grenze. Volker Schwenck:
"Auch in Azaz, nahe der türkischen Grenze, kamen nach Angaben von Aktivisten mindestens zwölf Zivilisten durch Luftangriffe ums Leben, Flüchtlinge aus der Region"
 Laut Abdulrahman Al-Hassan, Verbindungsoffizier bei den "White Helmets" handelte es sich nicht um Luft- sondern um einen Angriff von Boden-Boden-Raketen, was nicht ganz ohne Bedeutung ist, da Russland keine kämpfenden Bodentruppen in Syrien hat. Wer die Raketen abgeschossen hat, die laut Abdulrahman Al-Hassan mit Aufschriften in russischer Sprache versehen waren, ist völlig ungeklärt. So betreibt die Türkei beispielsweise einen regen Waffenhandel mit der Ukraine.

 Woher Schwenck weiss, dass es sich bei den Opfern nicht um Einheimische, sondern um "Flüchtlinge aus der Region" handelt, bleibt sein eigenes kleines Geheimnis. Aber getötete Flüchtlinge, Menschen, die vor dem "Schlächter" Assad bereits geflohen sind und nun, Ironie des Schicksals auf ihrer Flucht von eben diesem Assad oder seinen Verbündeten, den Russen getötet werden, die machen sich nun einmal besser. Schwenck setzt noch einen drauf und wird plötzlich ganz konkret:
"Auch hier wurde ein Krankenhaus zerstört. Unter den Toten offenbar zwei Kinder und eine Schwangere."
Dieses Mal nennt die ARD uns ihren Informanten:
"Eine türkische Nachrichtenagentur berichtet von mehr als dreissig Verletzten, die in türkischen Krankenhäusern jenseits der Grenze versorgt wurden."
"Eine türkische Nachrichtenagentur..." so genau wollten wir es eigentlich gar nicht wissen. Schwenck gesteht seine Unwissenheit ein:
"Auch hier ist unklar, wer für den Angriff verantwortlich ist."
Aber das ist auch nicht nötig, die ARD greift zu einem perfiden Trick. Sie zerrt einen schwer verletzten Jungen vor die Kamera und lässt ihn zum Kronzeugen werden:
"Es war ein russisches Flugzeug. Sie haben uns getroffen. Wir waren sechs sieben Leute in einem Auto."
 Wer wollte diesem Kind widersprechen. Zum Mitleid für dieses Kind kommt beim Betrachter noch das schlechte Gewissen und der feste Glauben, dass ein Kind in der Lage, in der sich der Junge befindet, wohl kaum die Unwahrheit sagt. Es fällt schwer einzuwenden, wie der Junge erkannt haben will, dass es ein russisches Flugzeug war. Und noch schwerer fällt es einzuwenden, dass es ja offenbar gar kein Flugzeug gegeben hat.

 Das Alles stört Volker Schwenk in seinem fast 900 Kilometer Luftlinie entferntem Studio in Kairo nicht. Er fasst für die Zuschauer noch einmal zusammen:
"Ärzte ohne Grenzen spricht von einem gezielten Angriff auf ihr Hospital. 40.000 Menschen, allein in der Bürgerkriegsregion bei Idlib seien jetzt ohne medizische Versorgung."
 Wer aber trägt nun die Schuld an den Zerstörungen von Krankenhäusern und Schulen in Maarat al Numan und Azaz? Schwenck lässt die Zuschauer im Unklaren zurück, vertraut klammheimlich darauf, dass sein Publikum schon selbst drauf kommen wird. Auch ein alter PR-Trick: Man gibt den Zuschauern so viele eindeutige Hinweise, dass man seine Vermutung gar nicht selbst aussprechen muss. Erstens kann dann keiner von einer Falschaussage sprechen und die Menschen haben trotzdem das Gefühl, die Wahrheit zu kennen.

 Die Tagesthemen am gleichen Tag nehmen das Thema noch einmal auf. Im Studio Thomas Roth. Jener Thomas Roth, der im Jahr 2008 innerhalb weniger Stunden die Verantwortlichkeit für den Ausbruch des Georgienkrieges vom Aggressor Georgien auf Russland übertrug. Jener Thomas Roth, der im gleichen Jahr ein Interview zum gleichen Thema mit dem damals noch Ministerpräsidenten Russlands, Wladimir Putin führte und dieses durch intensives Weglassen wichtiger Passagen soweit fälschte, das die ARD sich gezwungen sah, nach tagelangen Protesten der Zuschauer, das gesamte Interview zu senden, - allerdings im Nachtprogramm, damit nicht so viele zuschauen. Den Herrschaften fällt immer wieder etwas ein, wenn es darum geht ihr Publikum zu betrügen.

 Dieser Thomas Roth geht nun der Schuldfrage nach:
"Vor gerademal vier Tagen wurde im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz eine Waffenruhe für Syrien vereinbart. Und im Lauf dieser Woche sollte sie eigentlich auch in Kraft treten. Aber davon ist heute kaum noch die Rede. Die Gewalt im syrischen Bürgerkrieg ist erneut, und zwar auf furchtbare Weise eskaliert."
 Das Roth sich einige Fakten, sagen wir mal zurechtbiegt, scheint nicht weiter zu stören, geht es doch um grösseres, um die Stigmatisierung eines unmenschlichen Aggressors. So war eine Waffenruhe nicht für den Lauf der Woche, sondern konkret erst für Freitg vereinbart. Roth mahnt ihn bereits am Montag ein. Nun darf Thomas Aders, ebenfalls aus dem Studio Kairo ran. Der zeigt uns zunächst einmal die gleichen Bilder, die wir bereits in der 20:00 Uhr-Tagesschau gesehen haben und macht danach ein Riesenfass auf. Zunächst darf noch einmal Volker Westerbarkey von "Ärzte ohne Grenzen" seine Aussagen konkretisieren:
"Es war eine Klinik mit dreissig Betten und zwei Operationssälen, die in mehreren Angriffswellen von Flugzeugen aus bombardiert wurde und dabei komplett zerstört worden ist."
Thomas Aders übernimmt wieder:
"Dass es sich bei dem Bombardement nicht um ein Versehen gehandelt haben kann, belegt die Tatsache, dass ein Kampfflugzeug einen weiteren Angriff geflogen hat, als Helfer gerade dabei waren, Verletzte zu retten und Tote zu bergen."
Waren wir bisher davon ausgegangen, dass vier Bomben in zwei Angriffen eines Kampfflugzeuges abgeworfen wurden, scheinen diese sich im Laufe des Tages auf wundersame Weise vermehrt zu haben. Zunächst spricht Westerbarkey statt von zwei von mehreren, ja sogar von Angriffswellen und anschliessend setzt Aders, dem das nicht genug erscheint, noch einen weiteren Angriff obendrauf.

 Aber unterlassen wir solche kleinkrämerische Erbsenzählerei und geben wir wieder Westerbarkey das Wort:
"Wir sind, wir sind erschrocken, wir sind sprachlos und wir können nur die internationale Weltgemeinschaft auffordern, endlich das Bombardement von zivilen Gebieten in Syrien zu beenden, um dieses unerträgliche Leiden nicht noch weiter mit beobachten zu müssen."
 Da ist sie wieder die alte Forderung der Türkei und der Rebellen nach einer Flugverbotszone. Aber "Ärzte ohne Grenzen" sollte wissen, dass eine solche Flugverbotszone nur mit noch mehr Luftangriffen, mit noch mehr Leid und Elend durchzusetzen ist. Ganz abgesehen einmal davon, dass diese Flugverbotszone zu einem unwillkürlichen Aufeinandertreffen von US-amerikanischen und russischen Kampfflugzeugen führen würde.
"Die syrische Regierung behauptet, die US geführte Koalition sei für die Angriffe verantwortlich gewesen. Nach den Erkenntnissen, die den Mitarbeitern der "Ärzte ohne Grenzen" vorliegen, handelt es sich dabei aber um eine Falschmeldung. Sie machen Assad und seinen Verbündeten Russland dafür verantwortlich."
 Zack, das Urteil ist gefällt! Von einem gemütlichen Bürosessel aus, in Kairo, fast 900 Kilometer entfernt von den Tatorten. Hat man alle Seiten gehört? Nein! Sind forensische Untersuchungen durchgeführt worden? Nein! Wurden Unterlagen eingesehen und geprüft, wie Dienstpläne, Flugrouten? Nein! Wurden die Quellen überprüft? Nein! Hat man Aussagen die ausschliesslich auf Hören-Sagen, beruhen ausgeschlossen? Nein! Ein Urteil, gesprochen ohne eingehende Untersuchungen.

 Und auch die Tagesthemen verschonen uns nicht mit den Bildern von dem verletzten Jungen. Hier aber zeigt uns das Video, wie die Aussage zustande gekommen ist. Zwei Männer in Strassenkleidung reden auf den Kleinen ein, der offensichtlich unter starken Schmerzen leidet und wahrscheinlich nur sagt, was seine Befrager hören wollen.

Zwei Männer reden auf den verwundeten Jungen ein, dessen Gesicht vom Schmerz verzerrt ist und dem Tränen in den Augen stehen. Ein verletztes traumatisiertes Kind im Dienst der Propaganda.
Roth im Tagesthemenstudio in Hamburg ist erschüttert. Ein tiefer Seufzer:
"Tja - Udo Lielischlkies in Moskau, wie reagiert man denn in Moskau auf die Vorwürfe, dass syrische und russische Kampfjets an den Opfern Schuld seien?"
 Bei Roth ist aus dem einen Kampfflugzeug unversehens ein ganzes Rudel von syrischen und russischen Kampfjets geworden. Genauigkeit des Wortes, journalistische Präzision, Sorgfaltspflicht? Fehlanzeige, beim Russland-bashing ist jede Übertreibung erlaubt, ja geradezu erwünscht.

 Lielischkies, der gelernte Tennislehrer, der einmal beim WDR-Hörfunk, bei der Verbraucherschutzsendung Quintessenz seine journalistische Karriere gestartet hat, der dem WDR gerade einmal geeignet erschien, um Durchsagen für den Verkehrsfunk zu machen, der darf jetzt aus Moskau berichten, wird nach seiner Meinung gefragt. Fast vierzig Jahre beim Öffentlich-Rechtlichen, hochgedient in dieser als Sender getarnten Behörde, der Mann braucht keinen Zensor, der hat die Schere längst im Kopf.
"Nun zunächst einmal gar nicht, Thomas. Wir haben heute tagsüber nichts davon gehört bis dann heute abend der syrische Botschafter hier in Moskau im Fernsehen auftauchte und meinte, dieser Beschuss habe stattgefunden durch amerikanische Bomber und nicht durch russische."
 Einer merkwürdigen Ausdrucksweise bedient Lielischkies sich hier. Ein Botschafter, der in einem Fernsehstudio auftaucht, so als habe der Botschafter plötzlich und unvorhergesehen im Fernsehstudio gestanden. Wenn jemand irgendwo auftaucht, so hat das im allgemeinen Verständnis etwas Negatives. Kein Mensch käme auf die Idee zu sagen, der amerikanische Botschafter tauchte in den Tagesthemen auf. Und kein Mensch würde sagen der amerikanische Botschafter meinte. Botschafter meinen nicht. Sie vertreten die offizielle Sichtweise ihres Landes. Lielischkies will wohl die Tatsache des Fernsehauftritts insgesamt als auch die Äusserungen des syrischen Botschafters herabsetzen.
"Und das passt auch zur Einstellung des russischen Verteidigungsministers hier. Wir haben vor drei Tagen schon gehört, dass diese Luftangriffe in Aleppo auch durch US-Flugzeuge erfolgen würden. Also das Ganze ist, so wirkt es manchmal, eine mediale Parallelwelt."
 Warum haben eigentlich wir nichts von amerikanischen Luftangriffen bei Aleppo gehört? Warum hören wir überhaupt so wenig von Amerikas Kampf gegen den Terror, sind doch immerhin unsere eigenen Soldaten daran beteiligt? Warum erfahren wir nichts von den Einsätzen der Bundeswehr rund um den Erdball? Eine mediale Parallelwelt, vielleicht, aber welche ist die Realität und welche die Fiktion?
 "Wir hören hier auch nichts davon, dass der Sprecher von "Ärzte ohne Grenzen" sagt, es sei ein gezielter Angriff gewesen. Und wir sehen auch kaum etwas von diesen fürchterlichen Bildern der Opfer in Aleppo, der Opfer dieser Luftangriffe. Dafür aber sehen wir hier im Fernsehen Schäden, die verursacht wurden durch türkische Artillerie und die Sprecherin des Aussenministers sagte, es habe zahlreiche zivile Opfer gegeben durch diesen türkischen Beschuss. Wie gesagt, zwei Welten, eine ganz andere Darstellung als die wir bei uns in unseren Medien kennen."
 Ungewollt bestätigt Lielischkies den Verdacht der selektiven Berichterstattung der westlichen Medien. Wo sind denn die Handyfilmchen vom Artilleriebeschuss der Kurden auf syrischem Gebiet durch die Geschütze, die auf türkischem Boden stehen? Gibt es keine Opfer, keine zerstörten Gebäude, keine kleinen Jungen, die durch türkische Artilleriegranaten getroffen, jammern und schreien vor Schmerz? Im deutschen Fernsehen kein Wort davon. "Wie gesagt, zwei Welten, eine ganz andere Darstellung als die wir bei uns, in unseren Medien kennen."

  Roth, wir haben es geahnt, schenkt es sich und uns, auf den Artilleriebeschuss der Türken auf die ausserordentlich erfolgreichen Kämpfer gegen den IS, die Kurden, einzugehen. Er will lieber wissen, was uns denn unsere amerikanischen Freunde zu sagen haben, am Ende des Tages:
"Gleich weiter nach Washington, zu Ina Ruck. Ina, kann eigentlich Washington mit Sicherheit ausschliessen, dass nicht Jets der von ihm geführten Koalition an den Bombardements mit diesen vielen Opfern von heute beteiligt waren?"
 Was jetzt kommt, ist eine der merkwürdigsten Beweisführungen, die ich jemals gehört habe:
"Man scheint sich hier sehr sicher zu sein. Dem entsprechend scharf fällt hier auch die Kritik aus und der Sprecher des Aussenamtes hier hat ja direkt Russland in Verbindung gebracht mit den Angriffen. Das spricht dafür, dass man sich sicher ist."
 Man ist sich also nicht sicher, sondern scheint sich nur sicher zu sein. Warum, sollte die russische Parallelwelt vieleicht doch die reale, die richtige Welt sein? Sind etwa doch amerikanische Jets über Aleppo im Einsatz, sodass zumindest die theoretische Chance besteht, dass zumindest das Krankenhaus in Maarat al Numan von amerikanischen Bomben zerstört worden sein könnte?

 Noch besser aber die Begründung, warum die USA als Täter auszuschliessen sind: Die Kritik des US-Aussenamtes fällt scharf aus und bringt direkt Russland mit den Angriffen in Verbindung. So als würde die Polizei den einen Taschendieb als Täter ausschliessen, weil der angibt, sich ziemlich sicher zu sein, dass er den Diebstahl nicht begengen hat und vehement seinen Kumpel beschuldigt: Haltet den Dieb!

Aber Ruck hat noch nicht genug davon, sich lächerlich zu machen. Sie legt noch einmal nach:
"Und wenn wir uns erinnern, beim Angriff auf das Krankenhaus in Kundus, Afghanistan waren die Amerikaner damals wesentlich zurückhaltender in ihrer Reaktion. Mussten am Ende dann ja einräumen, dass sie es selbst gewesen sind. Das erleben wir jetzt ganz anders."
 Die Zuschauer müssen sich beleidigt fühlen, dass man sie bei der ARD für so dämlich hält, nicht unterscheiden zu können zwischen den zwei vollkommen anderen Voraussetzungen. Dieses unsägliche, tagelange Lavieren der Verantwortlichen in den USA jetzt als Beweis dafür anzuführen, dass die Angriffe auf das Krankenhaus in Maarat al Numan keinesfalls von den USA zu verantworten sind, ist schon ausserordentlich provoziernd. Zumal, und hier kommen wir mit Hilfe Rucks wieder zurück auf Lielischkies parallele Medienwelten:
 "Wir haben vor drei Tagen schon gehört, dass diese Luftangriffe in Aleppo auch durch US-Flugzeuge erfolgen würden." 
Dazu Ina Ruck in ihrem zwanghaften Bemühen, möglichst viele Fakten zusammenzutragen um die US-Militärs zu entlasten:
"Und man muss dazu auch wissen, dass die Amerikaner tatsächlich im Norden Syriens auch Angriffe fliegen. Das aber sehr viel sporadischer als in anderen Gegenden. Hier ist man vor allen Dingen daran interressiert, die IS-Hochburgen zu treffen. Die sind nicht im Norden Syriens. Im Norden sind vor allem die Syrer und die Russen in der Luft unterwegs."
Während ich an diesem Artikel gearbeitet habe, ist auf der Internetplattform "antikrieg.com" ein sehr interressanter Beitrag von Jason Ditz erschienen. Ditz schreibt, dass "Ärzte ohne Grenzen"
"weder der syrischen  noch der russischen Regierung vor dem Angriff mitgeteilt hat, wo sich die Klinik befindet."
 Trifft das zu und war es wirklich ein russisches oder syrisches Flugzeug, dass das Gebäude bombardierte, so muss man davon ausgehen, dass den Angreifern unbekannt war, dass sie ein Krankenhaus angriffen.

 Über die Handlungsweise von "Ärzte ohne Grenzen" kann man sich nur wundern.

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