Eine sehr lange Zeit hat das gedauert, bis die Tagesthemen endlich einen Putin-Troll präsentieren konnten. Diesen einen Troll, den der Schweizer Tagesanzeiger bereits in seiner Ausgabe vom 27. März stolz präsentierte. Gute vier Minuten, inklusive der Anmoderation durch Tagesthemen-Anchormann Thomas Roth versuchte die ARD dem deutschen Fernsehzuschauer das Bild einer dunkel-düsteren, russischen Propagandafabrik im Herzen des ehemaligen Leningrads näher zu bringen. Und wer wäre besser geeignet als die Moskaukorrespondentin Golineh Atai, eine Geschichte zu erzählen, deren Faktenarmut durch ein paar gestellte Bilder und ein Interview mit einem höchst dubiosen Zeitzeugen zu einer Nachricht aufgebauscht wurde.
Doch der Reihe nach: Schon Thomas Roth lässt keinen Zweifel daran, wohin die Reise gehen soll:
Aber das Mysteriöse, das Unheimliche lässt nicht lange auf sich warten:
Eine etwas merkwürdige Beschreibung für ein ganz normales Metallschild mit der Aufschrift: Geschäftszentrum, Savushkina Nr. 55. Aber "steht geschrieben"klingt so schön nach Mysterium.
Eine andere Frau, den Kopf durch ein Tuch verhüllt um nicht erkannt zu werden, in der Statur nicht unähnlich Frau Atai, schlüpft durch eine Glastür in das Innere des Gebäudes:
Umschnitt: Die Kamera zeigt uns einen Mann in gestreiftem Hemd, an der Knopfleiste ein Mikrofon, an einem Schreibtisch sitzend, wie er etwas in ein Laptop tippt.
Aber der Mann taucht schon einmal im "Tagesanzeiger" auf. Damals, anscheinend noch nicht in Putins Diensten in geheimer Mission unterwegs. Nämlich am 05. August 2010. Diesmal trägt er den Namen Marat Mindiyarov und er berichtet über das Leben in Moskau während der grossen Waldbrände, die damals rund um die Stadt tobten. Er habe, so teilt uns der "Tagesanzeiger" damals mit, von 2006 bis 2010 in der Schweiz, im Kanton Bern gelebt. Zur Zeit, also im August 2010 arbeitete er in Moskau in einem Hostel und als Touristen Guide.
Im März diesen Jahres berichtet der Tagesanzeiger über den Mann, der nach Golineh Atais Aussage, "ein ehemaliger Geographielehrer" ist:
Diese reichlich zwielichtige Gestalt scheint ansonsten in seinen 40 Lebensjahren nicht viel zustande gebracht zu haben. So warnt eine St. Petersburger Kreuzfahrtgesellschaftöffentlich im Netz andere Arbeitgeber vor Marat Mindiyarov: Sie mögen sich nicht von den Geschichten täuschen lassen, die er erzählt. Marat zeige einen ungehobelten Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden, seine Arbeitsdiziplin lasse zu wünschen übrig (Fehlzeiten) und er habe bereits vor seiner Anstellung bei der Kreuzfahrtgesellschaft rund ein dutzend Arbeitsstellen inne gehabt.
Das "Trans-Siberian Hostel" in Moskau beklagt sich, durch die Grobheit und den schlechten Service des Mannes einen Verlust an Besuchern und Einnahmen gehabt zu haben.
In einem merkwürdig leeren Zimmer, ausser dem leeren Schreibtischen, einer Kaffeetasse und dem Laptop ist da nichts, kein Bild an der Wand, kein Schrank, keine Blumen, nichts, malt Marat das Bild eines ausbeuterischem Arbeitgebers:
Dem Schweizer Tagesanzeiger berichtete er die Situation am Arbeitsplatz so:
Die Tagesthemen verkaufen uns die Story vom Troll Marat, als sei sie auf Golineh Atais eigenem Mist gewachsen. Wie sagte noch Thomas Roth in seiner Moderation:
Doch der Reihe nach: Schon Thomas Roth lässt keinen Zweifel daran, wohin die Reise gehen soll:
"Ein Troll, das ist in der germanischen Mythologie ein Wesen, dass Schaden bringt. Ein paar tausend Jahre später gibt's diesen Troll immer noch, nur treibt er sich jetzt im Internet herum. Und dort versucht er unter falscher Identität auf Onlineforen z.B. Meinungen zu beeinflussen. Trolle sind vermutlich weltweit auch Mittel der modernen Meinungsmanipulation geworden. Im russischen St. Petersburg scheint es eine Art Anwerbezentrale für Trolle zu geben. Gegen Bezahlung versuchen diese dann im Russisch-Ukrainischen Konflikt gezielt Meinung für die russische Seite zu machen.Golineh Atai nimmt uns mit in die Welt der Dunkelmänner. Sie zeigt uns die perfekte Tarnung des Zentrums der russischen Meinungsmanipulation:
Golineh Atai hat einen ehemaligen russischen Troll getroffen, der aus diesem schmutzigen Geschäft des Täuschens ausgestiegen ist."
"Ein Gebäude in einem verschlafenen St. Petersburger Wohngebiet."
"Ein Gebäude in einem verschlafenen St. Petersburger Wohngebiet" |
Aber das Mysteriöse, das Unheimliche lässt nicht lange auf sich warten:
"Die Vorhänge zugezogen. Ein Businesszentrum steht geschrieben."
"Die Vorhänge zugezogen" |
"Ein Businesszentrum steht geschrieben" |
Eine etwas merkwürdige Beschreibung für ein ganz normales Metallschild mit der Aufschrift: Geschäftszentrum, Savushkina Nr. 55. Aber "steht geschrieben"klingt so schön nach Mysterium.
"Nichts weiter deutet auf das Innenleben hin. Die Meisten, die hier arbeiten sind jung, 18 - 20, vielleicht."Die Kamera zeigt drei Frauen, wie sie einem Kleinbus entsteigen. Eine telefoniert mit dem Handy und wie um die Geheimhaltung an diesem Ort zu dokumentieren, verdeckt die Frau ihren Mund mit der Hand, damit niemand das Gesagte von den Lippen ablesen kann, wie in einem schlechten amerikanischen Krimi.
Eine andere Frau, den Kopf durch ein Tuch verhüllt um nicht erkannt zu werden, in der Statur nicht unähnlich Frau Atai, schlüpft durch eine Glastür in das Innere des Gebäudes:
"Niemand will erzählen, was genau er hier macht."Aber kein Schweigen kann so eisern sein, als dass es nicht von Miss Investigativ, Golineh Atai aufgebrochen würde.
Umschnitt: Die Kamera zeigt uns einen Mann in gestreiftem Hemd, an der Knopfleiste ein Mikrofon, an einem Schreibtisch sitzend, wie er etwas in ein Laptop tippt.
"Marat bewarb sich dort als Troll. Einen Vertrag gab es nicht. Das Gehalt bar auf die Hand. Zwölf-Stunden-Schichten, kaum Gespräche. Wer zu spät kam zahlte Bussgelder."Golineh Atai verschweigt uns den Nachnahmen des Mannes. In Geheimdienstkreisen, das wissen wir aus unzähligen Agentenfilmen, werden keine Namen genannt. Dort muss der Vorname reichen. Vielleicht verrät uns Atai aber auch deswegen den Namen nicht, weil nicht so klar ist, wie der Mann wirklich heisst. Im März nannte der Schweizer "Tagesanzeiger" ihn Marat Burkhard. Auch in anderen Publikationen wird dieser Name genannt.
Aber der Mann taucht schon einmal im "Tagesanzeiger" auf. Damals, anscheinend noch nicht in Putins Diensten in geheimer Mission unterwegs. Nämlich am 05. August 2010. Diesmal trägt er den Namen Marat Mindiyarov und er berichtet über das Leben in Moskau während der grossen Waldbrände, die damals rund um die Stadt tobten. Er habe, so teilt uns der "Tagesanzeiger" damals mit, von 2006 bis 2010 in der Schweiz, im Kanton Bern gelebt. Zur Zeit, also im August 2010 arbeitete er in Moskau in einem Hostel und als Touristen Guide.
Im März diesen Jahres berichtet der Tagesanzeiger über den Mann, der nach Golineh Atais Aussage, "ein ehemaliger Geographielehrer" ist:
"Über Burkhard, 40 Jahre alt, ist wenig bekannt. Ein schmaler Blog in radebrechendem Deutsch zeigt, dass er 2006 in Bern Literatur studierte, 2007 Arbeit als Réceptionist in Davos fand und 2011 in einem Vorort von Sankt Petersburg strandete : Ohne Geld, ohne Arbeit, ohne Liebe, in einer Stadt, wo ich nicht leben will, mit einem Leben, das ich nicht haben will. Damals in der Schweiz war sein Traum, Schriftsteller werden."Zumindest erahnen lassen sich die Gründe für Marats plötzlichen Drang, den westlichen Medien als Kronzeuge für die Punische "Trollfabrik" zu dienen.
"Heute, nach der endlosen Schichtarbeit in der Agentur, schrieb er in seinem Blog, er habe nun Stoff für ein Buch",weiss der Tagesanzeiger. Ein wenig PR kann da schliesslich nicht schaden.
Diese reichlich zwielichtige Gestalt scheint ansonsten in seinen 40 Lebensjahren nicht viel zustande gebracht zu haben. So warnt eine St. Petersburger Kreuzfahrtgesellschaftöffentlich im Netz andere Arbeitgeber vor Marat Mindiyarov: Sie mögen sich nicht von den Geschichten täuschen lassen, die er erzählt. Marat zeige einen ungehobelten Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden, seine Arbeitsdiziplin lasse zu wünschen übrig (Fehlzeiten) und er habe bereits vor seiner Anstellung bei der Kreuzfahrtgesellschaft rund ein dutzend Arbeitsstellen inne gehabt.
Das "Trans-Siberian Hostel" in Moskau beklagt sich, durch die Grobheit und den schlechten Service des Mannes einen Verlust an Besuchern und Einnahmen gehabt zu haben.
In einem merkwürdig leeren Zimmer, ausser dem leeren Schreibtischen, einer Kaffeetasse und dem Laptop ist da nichts, kein Bild an der Wand, kein Schrank, keine Blumen, nichts, malt Marat das Bild eines ausbeuterischem Arbeitgebers:
"Die Atmosphäre war eine des Schweigens, der Depression. Wir hatten so viele Aufgaben, dass wir keine Zeit hatten herumzulaufen. Um dein Soll zu erfüllen musst du arbeiten, arbeiten, arbeiten."Ein in der Tat schweres Los für einen Arbeitnehmer. Wie gut geht es doch dagegen uns, die wir den grossen Vorzug und das Verfügen haben im Kapitalismus zu leben, wo bekanntlich der Arbeitnehmer, wenn er nicht gerade in der Hängematte liegt, seinen Tag damit verbringt herumzulaufen.
Ein merkwürdig leeres Zimmer. Die Szene wirkt gestellt. |
Ein Wunder: Als die Kamera aus der Gegenperspektive filmt, hat sich Golineh Atai in einen Fernsehapparat verwandelt |
Dem Schweizer Tagesanzeiger berichtete er die Situation am Arbeitsplatz so:
"Er tippte endlos. Die Vorgabe war mörderisch. 135 Postings pro Schicht, jedes mindestens 200 Zeichen lang. Also drei Seiten «Tages-Anzeiger» in 12 Stunden. Wenigstens musste er nicht viel dabei nachdenken. Denn was er zu schreiben hatte, wurde ihm gesagt: Propaganda. (...) In seiner Abteilung arbeiten 20 Leute, in Tages- und Nachtschichten, streng kontrolliert und für Verfehlungen mit Busse bedroht: Schon eine Minute Verspätung kostete 500 Rubel."Auch hier war Marats Arbeitseifer eher kurzfristiger Natur:
"Marat Burkhard war zwei Monate Angestellter in der berühmtesten Trollfabrik Russlands – der «Agentur zur Analyse des Internets» in Sankt Petersburg",berichtet der Tagesanzeiger. Und auch die Arbeitseinstellung scheint eher suboptimal gewesen zu sein:
"Er machte den Job, wie er sagte, aus Abenteuerlust."Die ARD schildert Marats Einstellung zu Job und Arbeit etwas positiver:
"Aus Neugier hatte er sich beworben. Die Arbeit schien ihm jeden Tag absurder, wie in einem Ministerium für Wahrheit."Golineh Atai zeigt sich als belesene Persönlichkeit. Der Ausdruck "Ministerium für Wahrheit" erinnert an den Roman "1984" von George Orwell.
Die Tagesthemen verkaufen uns die Story vom Troll Marat, als sei sie auf Golineh Atais eigenem Mist gewachsen. Wie sagte noch Thomas Roth in seiner Moderation:
"Golineh Atai hat einen ehemaligen russischen Troll getroffen, der aus diesem schmutzigen Geschäft des Täuschens ausgestiegen ist."Das ist, gelinde gesagt, eine dreiste Lüge. Aber wenn die Rosstäuscher von ARD-aktuell erst einmal loslegen, bleibt nichts wie es eigentlich ist. Wie wir gesehen haben, hat der Schweizer Tagesanzeiger bereits am 27. März die Geschichte von "Marat Wie-auch-immer" in aller epischen Breite und Länge verwurstet. Die Schweizer haben aber wenigsten noch so viel Anstand im Leib, dass sie nicht verschweigen, auf wen diese schöne Geschichte letztendlich zurück geht:
"Danach gab er (Marat, d. A.) dem amerikanisch finanzierten Sender Radio Free Europe ein langes Interview."Der jahrelang von der CIA finanzierte Propagandasender "Radio Free Europe" erschien den Machern von "ARD-aktuell" denn doch wohl ein bisschen zu dubios. So erfanden sie einfach das Treffen Marats mit der Speerspitze deutscher Falschinformationen und begabter Märchenerzählerin, Golineh Atai und aus dem uralt Propaganda-Märchen von "Radio Free Europe" wurde eine Scheinreportage in der es so richtig schön menschelt. Man sieht mit der nötige Chuzpe und dem Fehlen jeglichen Ehrgefühls macht ein deutscher öffentlich-rechtlicher Fernsehsender noch aus der Drittverwertung einer Story vier Minuten Sendezeit.