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Ein Bubenstück antirussischer Propaganda: Steffen Dobbert, "Die Zeit" und der uneheliche Sohn Wladimir Putin

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"Es gibt Menschen, die überzeugt sind, dass der russische Präsident die ersten neun Jahre seines Lebens in einer Familie verbracht hat, deren Existenz er heute bestreitet. Und dass er während seiner halben Kindheit nicht in Russland gelebt hat, sondern in Georgien. Später, als Chef des Inlandsgeheimdienstes, soll Putin seinen Lebenslauf verändert und seine leibliche Mutter verleugnet haben – um sich den Weg zur Macht zu ebnen, um in seinem ersten Wahlkampf vor dem russischen Volk nicht als uneheliches Kind dazustehen, das in Georgien aufwuchs."
Mit diesen Worten beginnt Steffen Dobbert, einer dieser "Schnell-und-Schmutzig-Journalisten", die sich eine Story, von der sie überzeugt sind, nicht durch Tatsachen kaputt machen lassen. Und deswegen tischte uns "Die Zeit" zum Muttertag auch unter der Überschrift
"Vera Putinas verlorener Sohn"
eine uralt-Geschichte auf, in der so ziemlich alles zwanghaft zusammenkonstruiert ist. Sie geht zurück auf das Jahr 2000 als sich Wladimr Putin in Russland anschickte, sich zum ersten Mal zum Präsidenten wählen zu lassen. Nach mehreren Terrorangriffen durch tschetschenische Aktivisten, hatte der damals noch, Ministerpräsident Putin, den Einmarsch russischer Truppen nach Tschtschenien befohlen. Georgien stand damals, zumindest inoffiziell, an der Seite der tshetschenischen, islamistischen Rebellen. Verschiedene Terrorgruppen zogen sich nach ihren Terroraktionen auf georgisches Gebiet zurück und waren dort durchaus willkommen. Was lag also näher, als Putin, den einzig entschieden handelnden der russischen Nomenklatura im untergehenden Reich des Säufers Jelzin, so zu diskreditieren, dass er unmöglich die Präsidentschaftswahl gewinnen konnte.

 Die Geschichte an sich ist schnell erzählt. Wladimir Putin so wird behauptet, sei der uneheliche Sohn von Vera Putina, bis zu seinem neunten Lebensjahr aufgewachsen in dem georgischen Dorf Metechi. Weil es zwischen seiner Mutter und seinem Stiefvater wegen des kleinen Wladimir ständig zu Streitereien kam, gab ihn seine Mutter zu ihren Eltern. Weil aber ihr Vater schwer erkrankte, gaben ihn die Großeltern weiter, in eine Pflegefamilie. Das kinderlose Ehepaar Wladimir Spiridonowitsch Putin und Maria Iwanowna Putina waren entfernte Verwandte der Großeltern. Das Ehepaar zog nach Leningrad und machte klein Wladimir zwei Jahre jünger um ihn in Leningrad als Schulanfänger einzuschulen.

 Im Jahr 2000 wollte, ausser ein paar georgischen Zeitungen, niemand von der Geschichte etwas wissen. Die Russen zuckten mit den Achseln und wählten Wladimir Putin mit über 52 Prozent schon im ersten Wahlgang zu ihrem Präsidenten. Die Geschichte ist auch weiterhin von wenig Interesse und gerät in Vergessenheit.

 2008, das Jahr des Georgienkrieges. Der georgische Präsident Saakaschwili lässt seine Truppen in Südossetien, dass sich bereits im Jahr 1990 für unabhängig von Georgien erklärt hatte, einmarschieren. Es kommt zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung. Bei dem massiven Artilleriebeschuss der Hauptstadt Zchinwali werden auch etliche russische Soldaten der internationalen Friedenstruppe getötet.

 Daraufhin marschiert die russische Armee in Südossetien ein, besiegt in wenigen Tagen die Georgier und wirft sie weit hinter ihre eigenen Grenzen zurück. Der Westen tobt. Augenzwinkernd hatte man dem georgischen Präsidenten grünes Licht für sein militärisches Abenteuer gegeben. Nun in der Niederlage setzten, vor allen Dingen die USA, alle Hebel in Bewegung um die Geschichte zu fälschen und die Schuld am Krieg den Russen und vor allen Dingen Wladimir Putin in die Schuhe zu schieben.

 Die stockkonservative britische Zeitung "The Daily Telegraph" grub die alte Geschichte wieder aus und schickte die Reporterin Kate Weinberg zu der angeblichen Mutter Putins. Diese erzählt am 05. Dezember 2008 die rührseelige Geschichte unter dem Titel:
"Could this woman be Vladimir Putin's real mother?"
 Und weil der Artikel der Propaganda dient, muss immer wieder ein Bezug zwischen der angeblichen Mutter Putins und der russischen "Aggression" hergestellt werden:
"Ihr Haus liegt auf einem Feldweg in der Ortschaft Metekhi, die etwa 12 Meilen von Gori, das durch russische Panzer im August dieses Jahres, während des Konflikts um den abtrünnigen Staat Südossetien, besetzt war."
Da muss auch die alte Frau ran:
"Früher war ich stolz darauf, einen Sohn zu haben, der Präsident der Russischen Föderation geworden ist. Seit dem Krieg Ich schäme mich."
Aber am Ende kommt auch Kate Weinberg nicht um die Erkenntnis herum, dass objektive Untersuchungen zu dem Schluss kommen, dass es keinerlei Verbindungen zwischen Wladimir Putin und Vera Putina gibt. So haben Photofit-Experten, denen Bilder des Sohnes Vera Putina und des russischen Präsidenten zur Untersuchung vorgelegt wurden, eindeutig festgestellt, dass die dargestellten Kinder nicht identisch sind.
 (Wikipedia beschreibt Photofit: Photofit ist eine Technik, die von der Polizei für den Aufbau ein genaues Bildes von jemandem verwendet wird , damit es zur Beschreibung eines Zeugen passt. Fotografien, anstatt Zeichnungen einzelner Merkmale werden verwendet, um ein Bild eines Verdächtigen zu konstruieren.)
 So bleibt die Geschichte auch dieses Mal weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit.

 Fast sieben Jahre hat die Geschichte nun in den Archiven der verschiedensten Presseorgane geruht. Bis Steffen Dobbert von der "Zeit" sich genötigt sah, ausgerechnet zum Muttertag, die Geschichte von einer Mutter und ihrem Sohn zu erzählen, die ihr Kind verstiess, es herschenkte, um mit einem neuen Mann an ihrer Seite ein neues Leben zu beginnen.

 Nun wäre Steffen Dobbert nicht Steffen Dobbert, wenn er sich damit zufrieden gäbe, Wladimir Putin als uneheliches Kind zu brandmarken. Dobbert muss den russischen Präsidenten als hinterhältigen, mordlüsternen Fiesling darstellen, der um seiner eigenen Karriere willen über Leichen geht. Dobbert macht unter der Überschrift:
"Vera Putinas Verlorener Sohn",
aus der Geschichte ein Drama antiken Ausmasses, um einen Tyrannen und um tugendhafte Helden, die die Welt von diesem befreien wollen. Und wie in antiken Dramen, so sterben auch hier die Heroen in hellen Scharen. Dreizehn Menschen lassen ihr Leben in einem wahren Blutrausch.

 Dobbert selbst gibt dem Leser seiner Räuberpistole eine Ahnung von der Tragweite der Geschichte: Nicht mehr und nicht weniger als der Lauf der Welt sähe vollkommen anders aus, hätte man ihm damals, im Jahr 2000, die Gelegenheit gegeben diese Geschichte zu erzählen, statt ihn als Freien Mitarbeiter der Schweriner Volkszeitung auf die Fußballplätze Mecklenburg-Vorpommerns zu schicken:
"Stimmt dieses Geheimnis und wäre es früher bekannt gewesen, hätte es womöglich die Weltgeschichte verändert. Wladimir Putin wäre vielleicht nie Präsident geworden. Der Krieg in Tschetschenien wäre anders verlaufen, die Kriege in Georgien und der Ukraine hätte es wahrscheinlich nicht gegeben. Kann sein, dass Russland und die Europäische Union heute partnerschaftlich verbunden wären."
 Dobbert ist ein Mann mit einem klar definiertem Ziel. Dieses Ziel zu erreichen lässt ihn auch so manches Mal mit der Wahrheit und den tatsächlichen Fakten, sagen wir, einigermassen fahrlässig umgehen: Was nicht passt wird passend gemacht und was einer Geschichte fehlt, das wird eben dazu erfunden.

 In dieser Räuberpistole ist er, nach immerhin 15 Jahren, der erste, der uns den Urheber der Geschichte vorstellt, natürlich, wegen der Gefahr für Leib und Leben, nicht mit seinem richtigen Namen:
"Ein Tschetschene namens Rustam Daudow, der in leitender Position in der tschetschenischen Repräsentanz in Tbilissi arbeitet..."
Ein Mann wie es scheint von ausserordentlicher Wichtigkeit:
"Die Vereinten Nationen beschafften ihm und seiner Familie Ausreisepapiere und ermöglichten ihm den Flug in ein neues Leben in Westeuropa." 
 Hat man je schon einmal davon gehört, dass die Vereinten Nationen einem Menschen, und zusätzlich auch noch seiner Familie, Ausreisepapiere beschafft und für eine Aufenthaltsgenehmigung in einem Drittland  gesorgt hätten? Wie haben die "Vereinten Nationen" das gemacht? Haben sie doch keinerlei hoheitlichen Status bei den inneren Angelegenheiten der einzelnen Nationen, können also selbst keine Papiere ausstellen? Haben sie diese gekauft bei kriminellen Händlern, bei der georgischen Mafia, oder betreiben sie gar eine eigene kleine Fälscherwerkstatt?

 Entweder will uns Dobbert hier veralbern, oder er selbst ist auf diese Geschichte hereingefallen, als er angeblich die Familie Daudow besuchte. Gleich taucht die nächste Frage auf: Woher kannte Dobbert den Aufenthaltsort Daudows, wenn dieser doch in Westeuropa in Sicherheit gebracht wurde vor den Schergen Putins? Ist Dobbert besonder clever oder der KGB besonders dämlich? Oder ist Rustam Daudow letzten Endes nur ein massloser Aufschneider, oder ist er ganz einfach eine Erfindung unseres wendigen Reporters Dobbert?

 Zurück zur Geschichte:
Am 09. März 2000 stürzt eine Jak-40 der russischen Fluggesellschaft „Wologodskoe Awiapredprijatie“ während des Starts auf dem Flughafen Moskau-Scheremetjewo 1 aus geringer Höhe ab. Die Maschine gerät sofort in Brand. Alle neun Insassen finden den Tod. Unter ihnen der Mann, der die Maschine charterte, der tschtschenische Ölmagnat Sija Baschajew und der Journalist Artjom Borowik mit seinen zwei Leibwächtern. (Dobbert behauptet hier fälschlicherweise es seien Leibwächter Baschajews gewesen) Übereinstimmend berichten Spiegel-online, das Hamburger Abendblatt, der Tagesspiegel und RP-online die Mascjine habe das Ziel Kiew gehabt. Das Hamburger Abendblatt nennt sogar den Zweck der Reise der beiden ungleichen Männer nach Kiew:
"Sia Baschajew (39) wiederum galt als einer der Großen im russischen Ölgeschäft - der auch wusste, wie Staatsfirmen Millionen aus dem Staatsetat abzweigen. Der Multimillionär wollte in Kiew über den Bau von Pipelines sprechen, durch die Öl von Kasachstan durch Tschetschenien in den Westen gepumpt werden könnte. Zufall oder nicht: Borowik hatte in einer seiner letzten TV-Sendungen über die "Öl-Mafia" im Kaukasus berichtet."
Beide waren offensichtlich wegen ihrer Interessen im Ölgeschäft unterwegs.

 Steffen Dobbert ficht das Alles nicht an. Sein Ziel ist es, dem russischen Präsidenten Putin einen neunfachen Mord unterzuschieben, nur weil eine Babuschka in Georgien behauptet, seine Mutter zu sein. Als sei er persönlich dabei gewesen schildert er die letzten Minuten im Leben der beiden Männer:
"Als Sija Baschajew an diesem Donnerstagmorgen durch den Flughafen Moskau-Scheremetjewo läuft, sind es noch 17 Tage bis zur Präsidentschaftswahl. Baschajew ist Tschetschene und Chef des russischen Ölunternehmens Alliance Group. Neben ihm geht der russische Journalist Artjom Borowik. …Der Ölmanager Baschajew und der Reporter Borowik sind beide 39 Jahre alt und kennen sich seit Jahren. Gemeinsam wollen sie an diesem Tag in die georgische Hauptstadt Tbilissi fliegen. …Neben den beiden nehmen zwei Bodyguards von Baschajews Unternehmen Platz. Die übrigen Sitze im Flugzeug bleiben leer. Die Crew besteht aus vier Personen und dem erfahrenen Piloten, der bis zu diesem Tag 7.000 Stunden im Cockpit verbracht hat."
Hatten nicht alle deutschen Presseorgane im Jahr 2000 berichtet, Sija Baschajew und Artjom Borowik hätten das Flugziel Kiew? Dobbert aber behauptet fast 15 Jahre später, das Flugziel sei Tiblissi gewesen. Die Erklärung dürfte einfach sein: Dobberts Mann, der Tschetschene Rustan Dudow saß zu jener Zeit in Tiblissi.
"Ein Tschetschene namens Rustam Daudow, der in leitender Position in der tschetschenischen Repräsentanz in Tbilissi arbeitet, hat Baschajew einige Wochen zuvor kontaktiert. Am Telefon hat er gesagt, Baschajew und Borowik müssten unbedingt persönlich zu ihm nach Tbilissi reisen, er wolle ihnen ein Video vorspielen und eine Kopie der Kassette mitgeben. Daudow hat gesagt, dieses Video werde verhindern, dass Putin die Präsidentschaftswahl gewinnt – vorausgesetzt, Borowik könne die Story rechtzeitig in Russland veröffentlichen."
Ein Flug nach Kiew hätte nun weiß Gott nicht in Dobberts schöne Geschichte vom skrupellos mordenen Putin gepasst. Also lenkt der wendige, oder sollte man besser sagen "windige", Dobbert den Flug einfach nach Tiblissi um. Dabei stört ihn auch die Tatsache nicht, dass die Jak-40 gar nicht in der Lage ist, von Moskau aus Tiblissi zu erreichen.

 Das Flugzeug hat eine Reichweite von 1.700 Kilometern bei besten Voraussetzungen, vollbeladen begrenzt sich ihre Reichweite auf 1.400 Kilometern. Tiblissi ist 1.645 Kilometer Luftlinie von Moskau entfernt. Flugzeuge wie die Jak-40 mit einer Dienstgipfelhöhe von 8.000 m sind aber an Luftverkehrsstrassen gebunden, so dass die zu überbrückende Entfernung weit über 1.700 Kilometer liegen dürfte.

 Dobbert fährt fort:
"Im einige Tage später veröffentlichten Ermittlungsbericht steht, ein Techniker habe vermutlich vergessen, die Flügelmechanik mit einer Anti-Frost-Flüssigkeit aufzufüllen. Die linke Flügelklappe habe sich deshalb nur um zehn Grad öffnen können. Da die Lufttemperatur an diesem Donnerstagmorgen jedoch kaum unter dem Gefrierpunkt lag, hätte die Mechanik der Jak-40 auch ohne Anti-Frost-Flüssigkeit funktionieren müssen."
Auch hier nimmt es der Zeit-Autor mit der Wahrheit nicht so genau. Der offizielle Unfallbericht, einer im übrigen international zusammengesetzten Expertenkommission, wird erst Anfang Juni 2001, also über ein Jahr nach dem Absturz veröffentlicht. Darin ist laut "Russland-Aktuell" von einer ganzen "Reihe von kapitalen Fehlern" die Rede:
"Bereits bei den Vorbereitungen des Fluges „Moskau-Kiew“ wurden die Flügel- Trägererlemente der Jak-40 nicht mit Frostschutz-Mittel behandelt. Die Startklappen vereisten, Der Chef-Pilot stellte dann die vereisten Startklappen auf eine falsche Position. Das Resultat: auf einer Höhe von kaum 10 Metern stürzte das Flugzeug ab und fing Feuer. Wie der erfahrene Chef-Pilot mehrere Warn-Signale übersehen konnte, bleibt der Untersuchungs-Kommision ein Rätsel."
Im übrigen scheint sich die Maschine in einem bedauernswürdigen technischen Zustand befunden zu haben:
"Die Überprüfung der technischen Rapporte hat zudem ergeben, dass das Flugzeug der Gesellschaft „Wologodskoe Awiapredprijatie“ wegen Abnutzung verschiedener technischer Apparaturen gar nicht hätte starten dürfen."
Von alledem will Dobbert nichts wissen. Er dramatisiert: "einige Tage später veröffentlichten Ermittlungsbericht"so als habe keine ordentliche Untersuchung stattgefunden und unterschlägt einfach Fakten die ihm nicht passen. Damit aber auch noch der dümmste seiner Leser merkt worauf er hinaus will fügt er noch schnell hinzu:
"Der Vater des Journalisten Artjom Borowik macht den russischen Geheimdienst für das Unglück verantwortlich. Er sagt, sein Sohn sei wegen seiner aktuellen Recherche ermordet worden."
Wer will einem trauernden Vater schon widersprechen?

 Dafür bleibt auch wenig Zeit. Schon präsentiert uns Dobbert die nächste Leiche. Antonio Russo, ein italienischer Reporter, so behauptet der Kontaktmann, den Dobbert Daudow nennt, habe sich für die Videoaufzeichnungen von den Gesprächen mit Vera Putina interessiert und habe ihn, Daudow, am 15. Oktober 2000 in Tiblissi aufgesucht. Nach einem längeren Gespräch habe Russo eine Kopie der Videobänder mitgenommen.

 Dobbert schildert die Begegnung wieder, als sei er selbst dabeigewesen:
"Russo ist 40 Jahre alt, braun gebrannt, ein Zopf hält seine langen Haare zusammen. Nach etwa zwei Stunden gibt Daudow dem Italiener eine Kopie der Videokassette. Russo bedankt sich und geht."
 Ingendwelche Beweise, Zeugen? - Fehlanzeige!

Allerdings gibt es berechtigte Zweifel an der Darstellung Dobberts. So berichtet die italienische Zeitung "La Republica", Russo sei am Vortag des Auffinden seines Leichnams, also an jenem ominösen 15. Oktober mit Freunden auf einer Reise in die westlichen Landesteile Georgiens, bis hin zum Schwarzen Meer gewesen. Wie will er dann gleichzeitig in Tiblissi bei Dobberts mysteriösem Gewährsmann gewesen sein?

 Die konservative italienische Zeitung "Corriere Della Sera" schreibt Russo habe sich bereits seit September 2000 im Besitz des Videos über Putins angebliche Mutter befunden, also noch vor dem 09. März, an dem Sija Baschajew und der Journalist Artjom Borowik ums Leben kamen, als sie sich angeblich auf dem Flug nach Tiblissi begaben um das fragliche Video in Empfang zu nehmen. Warum wurden die beiden schon auf dem Weg zum Empfang des Videos umgebracht und der italienische Reporter Russo erst nachdem er schon über einen Monat im Besitz des Materials war?

 Dobbert nimmt diese Tatsachen nicht zur Kenntnis. Er beruft sich einzig und allein auf den mehr als fragwürdigen Informanten, den er Daudow nennt.

 Am nächsten Morgen findet man den Leichnam Russos in einem Strassengraben ca. 25 Kilometer entfernt von der georgischen Hauptstadt Tiblissi. Seine Hände sind gefesselt und er weist schwere Verletzungen im Bereich seines Brustkorbes auf, die letztlich wohl auch tödlich waren. Bei der Obduktion wird festgestellt, dass der Fundort der Leiche nicht der Ort der Ermordung ist. Russo wurde an einem anderen Ort ermordet und anschliessend am Fundort abgelegt.
"Aus Russos Hotelzimmer verschwunden sind sein Computer, sein Handy – und die Videokassette."
 Auch diese Aussage ist so nicht richtig, mit Absicht oder einfach mehr als schlampig recherchiert. Nach Angaben von "Republica" hatte Russo in Tiblissi eine Wohnung für mehrere Monate gemietet. Die Tür zu dieser Wohnung war aufgebrochen und laut "Republica" fehlten der Computer, das Satellitentelefon, die Videokamera mit der er Aufnahmen vom Tschetschenienkrieg gemacht hatte und sämtliches Material seiner Untersuchungen in Tschetschenien mit denen er sich in der letzten Zeit beschäftigt hatte. Von der Videokassette ist nirgends die Rede.

 Einen Hinweis darauf, dass es sich wie von den georgischen Behörden von Anfang an vermutet, bei der Ermordung Russos nicht um einen politisch motivierten Mord, sondern um einen rein kriminellen Hintergrund gehandelt hat, gibt eine Meldung aus dem Frühjahr 2003. "Reporter ohne Grenzen" meldet am 2. Mai 2003:
"Gegen den niederländische Dokumentarfilmer Pons Martens wurde am 17. Februar von einem italienischen Staatsanwalt eine förmliche Untersuchung wegen Mittäterschaft an der Ermordung des italienischen Journalisten Antonio Russo eingeleitet. ...Martens war mit Russo in Georgien."
Anstatt aber vernünftig zu recherchieren zitiert Dobbert einen italienischen Abgeordneten des Europaparlaments, dessen Namen er uns auch noch verschweigt:
"Er wurde entführt und von einem Lastwagen überfahren, es war ein professioneller Mord. Die Täter wussten genau, was er für Pläne hatte. Er wollte sich auf den Weg machen und Kollegen seine Recherche zeigen", sagt ein italienischer Abgeordneter des EU-Parlaments." 
 Ja wenn's denn doch ein Abgeordneter sagt, muss es ja stimmen. Das muss dem dummen Volk als Beweis genügen. Meint man, - aber Dobbert hat noch einen:
"Ein Beamter, der in den Fall involviert war, deutet gegenüber einem italienischen Radiosender an, dass der russische Geheimdienst dabei eine Rolle gespielt haben könnte."
Auch diese Quelle bleibt weiteren Nachforschungen verschlossen, weil Dobbert den Mann anonym im Dunklen stehen lässt. Stattdessen streut er weiter Misstrauen durch haltlose Verdächtigungen. Ein wenig Blut müssen die Leser noch ertragen:
"Zwei georgische Polizisten, die sich um Aufklärung des Falls Russo bemühen, kommen ebenfalls ums Leben: Einer begeht Selbstmord, der andere wird vergiftet."
 Was ist aber nun wirklich dran an der Geschichte von dem verstossenen Sohn Wladimir Putin, der angeblich die ersten neun Jahre seines Lebens in Georgien verbracht hat und heute der gewählte Präsident Russlands ist?

 Auch Dobbert kommt nicht umhin zuzugeben, dass seine Geschichte schwach bis sehr schwach ist. Zwei Bilder, angeblich vom gleichen Kind gemacht, von Wladimir Putin, eines aus Georgien von Vera Putina zur Verfügung gestellt, eins von Putin selbst veröffentlicht, legt Dobbert der Anthropologin Andrea Voigt,
"die als Sachverständige deutsche Gerichte bei der bildlichen Identifikation von Verdächtigen berät"
zu einer morphologischen Begutachtung vor. Das Ergebnis:
"Es gibt Hinweise, dass es nicht dieselbe Person ist. Augenbrauen und Augenformen verlaufen anders", sagt sie. Sie würde bei dieser Bildlage "eher dazu tendieren, dass es verschiedene Jungen sind."
Das gleiche Ergebnis zu dem schon die Photofit-Experten sieben Jahre zuvor für den englischen Daily Telegraph gekommen waren.

 "Die Zeit" und Steffen Dobbert präsentieren ihren Leserinnen und Lesern ein weiters Mal nichts weiter als heisse Luft. Der missionarische Eifer der Blattmacher, endlich den russischen Präsidenten zu stürzen, nimmt allmählich pathologische Formen an. Die Frage ob sie dass weiter unterstützen wollen, ob sie sich weiterhin an der Nase herumführen lassen wollen, müssen letztendlich die Leserinnen und Leser am Kiosk entscheiden.

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