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Berichterstattung in den deutschen Medien: Hetzkampagnen statt verantwortungsvollem Journalismus

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Der böse ungehobelte Russe

 Stefan Braun, der Mann immerhin ein Dr. Phil., von der Süddeutschen war wohl dabei. Untergebracht im Handgebäck des Karl Georg Wellmann. Wie sonst könnte er uns so exklusiv vom Moskauer Flughafen berichten und wie es dem CDU-Politiker ergangen ist:
"...am Moskauer Flughafen wie ein Staatsfeind gestoppt, in kalter Atmosphäre in einer Kammer abgesetzt und im Niemandsland des Transitbereichs in die Nacht geschickt zu werden, um am nächsten Morgen wieder nach Hause zu fliegen."
Natürlich, wie kann es anders sein, wurde Wellmann das
"Einreiseverbot ...spät nachts",
 von einem,
"...ruppigen russischen Uniformträgern in die Hand gedrückt..."
Und das, obwohl Wellmann doch so ungeduldig in Moskau erwartet wurde.
"So hatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat ihn vor wenigen Wochen angeschrieben mit der Bitte, er möge doch nach Moskau kommen; man müsse sprechen, mit dem Konflikt in der Ostukraine könne es so nicht mehr weitergehen." 
Um so unerklärlicher die Behandlung des CDU-Politikers:
"Stattdessen verbrachte Wellmann eine Nacht in der Lounge von Aeroflot, mit Schnittchen und "Abholservice", der ihn derart ruppig ins Flugzeug verfrachtete, als sei er ein Verbrecher, den man ausweisen musste."

 Es geht ein Gespenst um in Deutschland, ein Gespenst, dass sich Journalismus nennt und uns alle foppt. Der verantwortungsvolle Journalismus ist längst tot. Heimlich, still und leise zu Grabe getragen. Von Beileidsbekundungen am Grab wurde abgesehen. Übrig geblieben ist sein Widergänger, die Propaganda. Sensationslüstern und diffamierend sucht er uns heim. Einer ausgewogenen, sich an Fakten orientierenden Berichterstattung ist dem Kampagnenjournalismus gewichen. Es werden keine Fakten mehr abgewogen, keine Informationen auf deren Wahrheitsgehalt und Possilibität geprüft, noch werden Informationen die von dritter Seite kommen auf die Interessen der Tipgeber hin kritisch geprüft.

 Politische Gegner werden gnadenlos niedergeschrieben. Es werden regelrechte Kampagnen gegen missliebige Personen gefahren, bei denen auch vor persönlichen Diffamierungen nicht zurückgeschreckt wird. Dabei ist die Diktion vielfach die von Hetzschriften.

Länder und Nationen, die sich nicht widerstandslos der durchweg als werteorientiert, demokratisch und weltoffenen apostrophierten Politik von NATO und EU unterwerfen, werden als Feinde verstanden und gnadenlos diffamiert. Grundsätzlich wird nur noch nach Gut und Böse unterschieden. Wobei wir, die sogenannte westliche Wertegemeinschaft ausschliesslich gut und die Anderen die Bösen, die Barbaren, die Kriegstreiber und Menschenrechtsverletzer sind.

Es geht hier, in diesem Beitrag, weniger um die Sachverhalte der zitierten Artikel aus dem deutschen Blätterwald, als vielmehr um den Stil der Berichterstattung, falls man diese denn noch als eine solche bezeichnen will. Unsere Presse bedient sich fast ausnahmslos einer reisserischen gegen unliebsame Personen hetzenden Sprache, wie sie noch vor Jahren einzig und allein dem grossen Boulevardblatt mit den vier Buchstaben vorbehalten war. Heute gibt es kaum noch Unterschiede zwischen diesem Revolverblatt und der sogennnten seriösen Presse, was man schon allein an der Tatsache ablesen kann, dass diese "seriösen" Blätter immer häufiger aus dem Blut- und Sexblatt zitieren.
Als Beispiele für diese absolut verantwortungslose Schreiberei sollen hier drei Beispiele dienen:


  •  Die "Berichterstattung"über die verweigerte Einreisen nach Russland für den CDU-Abgeordneten des deutschen Bundestages, Karl Georg Wellmann, s. oben.
  • Die Kampagne, die plötzlich gegen die FIFA und deren Chef Josef Blatter losgetreten wurde, nachdem man noch im letzten Sommer jede Menge Honig aus der "Fussballweltmeisterschaft" in Berasilien, eine Veranstaltung jener korrupten Fifa gesogen hatte (Warum wurden Korruption und Vetternwirtschaft in der Fifa damals nicht thematisiert, als die deutsche Fußballnationalmannschaft keineswegs Fußballweltmeister geworden ist sondern der Gewinner des von der Fifa ausgelobten Weltpokals für Nationalmannschaften wurde?).
  • Und drittens die Hassberichterstattung über die Lokführergewerkschaft GDL und deren Vorsitzenden Claus Weselsky, die lediglich ihr, von der Verfassun der Bundesrepublik verbrieftes Streikrecht wahrnahmen um ihre Interessen durchzusetzen.


Sepp Blatter und die Fifa

Ebenfalls in der Süddeutschen schreiben Thomas Kistner und Johannes Aumüller am Sonntag den 31. Mai über die Vorfälle in Zürich im Zusammenhang mit den Verhaftungen von sieben Fifa-Funktionären:
"Am Samstagmittag sitzt der wiedergewählte Sepp Blatter in seiner Prachtzentrale auf dem Zürichberg. Es ist wieder ein bizarrer Auftritt: Er schaut ernst und grinst nur wenig; er redet Probleme klein, säuselt was von Verantwortung und fantasiert über eine Art Weltverschwörung: die Amerikaner gegen ihn."

Ein wenig Gruseleffekt, Guantanamo auf Schweizers Boden:
"Die US-Bundespolizei FBI wirft ihnen Korruption und Geldwäsche vor. Die Umstände seien hart, 23 Stunden Isolation, eine Stunde Hofgang und anfänglich noch nicht einmal anwaltlichen Beistand, heißt es im Umfeld der Inhaftierten. Zumindest einer Ehefrau sollen die Papiere abgenommen worden sein, damit sie im Land bleibt."
Da wollte das ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg nicht abseits stehen. Spiegel-online schoss allein am Sonntag den 28. Mai in 15 verschiedenen Artikeln gegen Blatter und die FIFA.
"Finale der Europa League: Platinis große Gala, Concacaf-Präsident: Webb nach Festnahme von seinem Amt entbunden, Fifa-Chef Blatter vor Wiederwahl: Historische Chance vertan, Fußball und Korruption in Lateinamerika: Eine gewinnträchtige Verbindung, Uefa in der Fifa-Krise: Die Einknicker, System Fifa: Der Selbstbedienungsladen, Blatters Rede beim Fifa-Kongress: Wir können nicht jeden überwachen, Videoschnipsel zum Fifa-Skandal: Sepp Blatter und die Reporter, Moskaus Protest gegen Fifa-Ermittlungen: Am Ende ist immer alles ein Komplott des Westens, Fifa-Skandal: Platini bat Blatter unter Tränen um Rücktritt, Pressestimmen zum Fifa-Skandal: Das Spiel ist aus, Fifa-Präsident in der Krise: Blatters Welt, +++ Liveticker +++: Die Fifa-Show geht weiter, Korruptionsskandal: Sponsoren gehen auf Distanz zur Fifa, Korruptionsskandal: Ex-Fifa-Vize Warner stellt sich der Polizei, Fifa-Korruptionsskandal: Es wird eng für Blatter"

Die Pressekampagne zeigt dann auch bereits Wirkung. Heute verkündete Spiegel-online stolz das Ergebnis einer Umfrage:
"Eine Mehrheit der Deutschen kann sich das laut einer Umfrage vorstellen. Grund ist der Fifa-Skandal." 

Die GDL und ihr Vorsitzender Claus Weselsky

Das Beispiel der Lokführergewerkschaft und ihres Vorsitzenden Claus Weselsky: Focus-online titelt am 15. April:
"Weselskys Altbau-Fassade: So versteckt lebt Deutschlands oberster Streikführer".
Dazu veröffentlichte Focus-online ein Bild des Wohnhauses Weselsky und dessen Wohnadresse. Erst eine Anzeige Weselskys bei der Polizei brachte die Redaktion dazu, Bild und Adrtesse aus dem Netz zu nehemn. Aus dem Gewerkschaftsboss wird allerdings der
"meistgehasste Deutsche"
Dabein weiss der Focus genau was er tut:
"Claus Weselsky – GDL-Chef und Streik-Führer – muss sich fühlen wie ein vorverurteilter Verdächtiger. Das öffentliche Urteil über ihn ist längst gesprochen. Klar, unmissverständlich und gegen den Angeklagten." 
Und auch hier zeitigt die Hetzkampagne der Blätter wie Focus bereits eindruchsvoll Wirkung. Das Blatt zitiert eine Nachbarin Weselskys:
"Der wohnt doch dort drüben, da ist neulich die Tiefgarage explodiert. Vielleicht hat ja jemand sein Auto anzünden wollen." 
 Das wäre, wenn es denn zutreffen sollte ein nicht unerhebliche Straftat. Dem Focus wäre ein solcher Terrorakt durchaus denk- und entschuldbar:
"Denkbar wäre das. Denn Weselsky hat mittlerweile dieses Bild in Deutschland von sich gezeichnet: vom Rambo-Gewerkschafter." 
In seinem "Liveticker" dreht der Focus am 9. Mai den Spiess gar um. Er zitiert die Bildzeitung:
"Mit der Lichthupe terrorisiert: Claus Weselsky drängelte auf der Autobahn"
Um Weselsky zum Terroristen zu machen, wurde eine alte Story aus dem Jahr 2014 ausgegraben:
"Ich fuhr etwa 180 auf der linken Spur, als von hinten plötzlich ein dunkler Audi heranrauschte“, sagt Dietrich O. zu „Bild“. Er war gerade auf der A5 in Hessen unterwegs. Der Audi fuhr dicht auf, doch nach rechts ausweichen konnte O. wegen eines Lkw nicht. Dann soll ihn der Fahrer mit der Lichthupe „terrorisiert“ haben. Als O. auf die rechte Spur ausweichen konnte, fuhr der Audifahrer auf gleicher Höhe mit O. – und zeigte ihm den Stinkefinger."
Ganz sicher scheint man sich allerdings nicht zu sein. Deshalb ist hier die Sprache auch nur von "soll" nicht war:
"Wie die „Bild“ berichtet, soll der Fahrer Claus Weselsky gewesen sein." 

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